ARD-DeutschlandTrend Union erstmals seit Monaten vor der SPD
Neue Nummer eins in der Sonntagsfrage des ARD-DeutschlandTrends: die Union. Sie liegt klar vor der SPD. Der Blick auf die Ampel ist auch insgesamt kritisch. Für eine Corona-Impfpflicht bleibt die Mehrheit eindeutig.
Zum ersten Mal seit der Bundestagswahl gibt es deutliche Verschiebungen in der Sonntagsfrage, die von Infratest dimap für den ARD-DeutschlandTrend erhoben wird. Wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die SPD auf 22 Prozent - vier Punkte weniger als Anfang Januar. Die Sozialdemokraten liegen damit erstmals seit August vergangenen Jahres wieder hinter der Union, die aktuell auf 27 Prozent kommt - vier Punkte mehr als zu Beginn des Jahres.
Die Grünen kämen bei der Sonntagsfrage auf 16 Prozent, unverändert zum Vormonat. Die FDP büßte einen Punkt ein und landete bei zehn Prozent. Die AfD verbesserte sich um einen Punkt und käme auf zwölf Prozent. Die Linke läge stabil bei fünf Prozent.
Insgesamt ist der Blick der Deutschen auf die Ampelkoalition kritisch: 57 Prozent sind aktuell weniger oder gar nicht zufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung, das sind 20 Punkte mehr im Vergleich zum Vormonat. Eine Minderheit von 38 Prozent ist aktuell zufrieden mit der Arbeit des Kabinetts. Bei den FDP-Anhängern sind 42 Prozent zufrieden, aber 53 Prozent unzufrieden. Einzig die Wähler von SPD und Grünen sind zu gut zwei Dritteln weiterhin mehrheitlich von der neuen Regierung überzeugt.
Ampel-Kabinettsmitglieder büßen an Zustimmung ein
Auch die meisten Kabinettsmitglieder verlieren an Rückhalt, am deutlichsten ist dies bei Olaf Scholz der Fall: Anfang Januar war eine deutliche Mehrheit mit seiner Arbeit zufrieden, aktuell sind es nur noch 43 Prozent. Jeder Zweite (51 Prozent) äußert sich jetzt kritisch über den Bundeskanzler. FDP-Finanzminister Christian Lindner (43 Prozent; -6) und Grünen-Vizekanzler Robert Habeck (39 Prozent; -9) verlieren binnen eines Monats ebenfalls deutlich an Zuspruch.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) führt mit 59 Zufriedenheit die Liste der abgefragten Politiker diesen Monat an, aber auch er büßt sieben Punkte ein. Ihm folgt mit 44 Prozent Zufriedenheit Grünen-Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, der seine früheren Werte als Grünen-Parteivorsitzender jedoch verfehlt.
Ansehen gewinnen kann aus dem Kabinett Grünen-Außenministerin Annalena Baerbock (36 Prozent; +4). Sie erzielt damit ihren zweitbesten persönlichen Wert im ARD-DeutschlandTrend, zieht aber weiterhin mehr negative als positive Stimmen auf sich. SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht wird mit 24 Prozent (+4 zu Mai 2021) aktuell positiver bewertet als zuletzt in ihrer Funktion als Bundesjustizministerin. Ihr Nachfolger im Justizressort, Marco Buschmann von der FDP, liegt etwas schlechter als im Vormonat (14 Prozent; -2), ist zugleich aber weiterhin der Mehrheit der Bundesbürger kein Begriff.
Der nun auch per Briefwahl bestätigte neue CDU-Vorsitzende Friedrich Merz verbessert sich zum Vormonat um fünf Punkte - 37 Prozent der Befragten sind mit seiner Arbeit zufrieden.
Mehrheit für Corona-Impfpflicht
Eine Mehrheit der Deutschen spricht sich weiterhin für eine Corona-Impfpflicht aus. Aktuell befürworten 53 Prozent der Befragten eine Impfpflicht für alle Personen ab 18 Jahren - zwölf Prozent würden eine Impfpflicht für Personen ab 50 Jahren vorziehen. Ein Drittel wiederum ist gegen eine Impfpflicht. Aktuell werden die verschiedenen Anträge ausgearbeitet und könnten dann weiter im Bundestag beraten werden. Auf der Tagesordnung für die nächste Sitzung in der übernächsten Woche ist das Thema aktuell noch nicht zu finden.
Beim Blick auf die geltenden Corona-Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ergeben sich leichte Verschiebungen: 44 Prozent empfinden diese aktuell als angemessen. Knapp einem Drittel - nämlich 31 Prozent - gehen sie zu weit. Das sind sechs Punkte mehr als im Vormonat. Gut einem Fünftel - 22 Prozent - gehen die aktuell geltenden Maßnahmen nicht weit genug. Das sind neun Punkte weniger als zu Beginn des Jahres.
Differenzierter Blick auf Maßnahmen im Ukraine-Konflikt
Bislang zeigte sich die Bundesregierung zurückhaltend, was Lieferungen von Waffen aus Deutschland in die Ukraine angeht. Diese Haltung teilt auch eine Mehrheit der Bundesbürger: 71 Prozent hielten solche Waffenlieferungen momentan für falsch, 20 Prozent fänden sie richtig. Größeren Rückhalt fänden derzeit mit 43 Prozent neue Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Zugleich spricht sich die Hälfte der Bundesbürger (51 Prozent) für ein Angebot von NATO-Sicherheitsgarantien an Russland aus.
So sehr sich die Deutschen offen zeigen für neue Wirtschaftssanktionen gegen Russland, an dem gemeinsamen Projekt Nord Stream 2 möchte eine Mehrheit von 57 Prozent (-3 im Vergleich zu Januar 2022) festhalten - drei Punkte weniger im Vergleich zum Vormonat. Dabei findet Nord Stream 2 in Ostdeutschland unverändert einen deutlich größeren Rückhalt als im Westen der Republik.
Kritik an Winterspielen in Peking
Das Interesse an den morgen beginnenden 24. Olympischen Winterspielen hält sich bislang in Grenzen: Eine Mehrheit von 80 Prozent gibt an, sich weniger beziehungsweise gar nicht dafür zu interessieren. Nur knapp jeder Fünfte (19 Prozent) interessiert sich sehr stark beziehungsweise stark für die Wintersportwettbewerbe. Unter den Jüngeren ist das Interesse etwas weniger ausgeprägt, bei den über 65-Jährigen dagegen etwas stärker.
Dass diese Winterspiele an Peking vergeben wurden, bezeichnen zwei Drittel rückblickend als falsch, 15 Prozent als richtig. Die IOC-Abstimmung darüber fand 2015 statt: Damals setzte sich Peking mit 44 zu 40 Stimmen gegen Almaty in Kasachstan durch. Zuvor hatten sieben andere Kandidaten von einer offiziellen Bewerbung Abstand genommen.
In München, der Schweizer Region Graubünden und dem polnischen Krakau lehnten die Bürgerinnen und Bürger eine Kandidatur als Austragungsort in Referenden mehrheitlich ab. Oslo, Stockholm und Barcelona zogen sich unter anderem aus Kostengründen aus dem Rennen zurück. Zudem entschied sich Lwiw in der Ukraine wegen der damaligen politischen Unruhen im Lande gegen eine Bewerbung.
Mehrheit der Deutschen sieht Olympia jetzt kritischer
Auch die Olympischen Sommerspiele, die vor 14 Jahren ebenfalls in Peking stattgefunden hatten, waren damals von einer Mehrheit der Deutschen (56 Prozent) kritisch gesehen worden, 38 Prozent hielten die Vergabe jedoch damals für richtig. Die Winterspielen im russischen Sotchi wurden 2014 von 57 Prozent der Deutschen kritisch gesehen und von 34 Prozent positiv bewertet.
Gut die Hälfte der Deutschen (52 Prozent) gibt an, dass sich ihre Sicht auf die Olympischen Spiele über die Jahre eher verschlechtert hat. Für vier von zehn Befragten (38 Prozent) haben sich im Verlauf der Jahre keine Änderungen bei der Sicht auf die Spiele ergeben. Bei kaum jemandem hat sich das Bild verbessert (zwei Prozent).
Die Kritik der Bundesbürger an der diesjährigen Austragung der Winterspiele in China hat verschiedene Gründe: Zwei Drittel (68 Prozent) kritisieren die politischen Verhältnissen vor Ort. 17 Prozent halten die Vergabe an China rückblickend wegen der Umwelteingriffe beim Sportstättenbau, acht Prozent wegen der dortigen Corona-Regeln für falsch.
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Telefon*- und Online-Befragung
*davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk
Erhebungszeitraum: 31. Januar bis 02. Februar 2022
Fallzahl: 1.339 Befragte (876 Telefoninterviews und 463 Online Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und
Rückerinnerung Wahlverhalten
Schwankungsbreite: 2* bis 3** Prozentpunkte
* bei einem Anteilswert von 10 Prozent ** bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap
Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle eine Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.