ARD-DeutschlandTrend Mehrheit der Deutschen stimmt Waffenlieferungen zu
Wie kann der Krieg in der Ukraine beendet werden? Laut ARD DeutschlandTrend hält eine relative Mehrheit die Waffenlieferungen für angemessen. Drei Viertel sagen, die Ukraine müsse selbst über Verhandlungen mit Russland entscheiden.
Vor gut einem Jahr haben russische Truppen die Ukraine überfallen und der russische Präsident Wladimir Putin entfesselte einen Angriffskrieg in Europa. Zehntausende Tote, Millionen Vertriebene und eine festgefahrene militärische Situation lassen Stimmen lauter werden, die eine "Exit-Strategie" fordern.
Dabei wünschen sich alle Frieden, doch zu welchen Bedingungen? Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht fordern in ihrem "Manifest für Frieden" ein Ende der deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine und die Aufnahme von Friedensverhandlungen. Wie stehen die Deutschen zu diesen Forderungen?
Deutschen gehen diplomatische Bemühungen nicht weit genug
Was die militärische Unterstützung der Ukraine durch Deutschland angeht, so hält eine relative Mehrheit von 47 Prozent (+3 im Vergleich zu Februar) diese für angemessen. Nach der Entscheidung der Bundesregierung, der Ukraine auch Kampfpanzer liefern zu wollen, hatte sich der Anteil derjenigen, denen die generelle Unterstützung der Ukraine mit Waffen zu weit geht, im Februar vergrößert (von 26 Prozent im Januar auf 35 Prozent im Februar). Aktuell ist dieser Anteil jedoch wieder leicht geschrumpft: 31 Prozent finden, dass die Unterstützung der Ukraine mit Waffen zu weit geht, 16 Prozent (+1) geht sie nicht weit genug.
Und wie steht es um das Thema Friedensverhandlungen? Eine Mehrheit von 53 Prozent sagt aktuell, dass ihnen die diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Krieges nicht weit genug gehen. Auch hier hatte der ARD Deutschlandtrend im Februar einen Anstieg gemessen: von 52 Prozent im Januar auf 58 Prozent im Februar; jetzt hat sich der Wert wieder um 5 Punkte auf 53 Prozent verringert. Aktuell halten 33 Prozent (+3) die Bemühungen für angemessen, 5 Prozent (+1) gehen sie zu weit.
Allerdings geht der Wunsch nach mehr Diplomatie offenbar nicht unbedingt mit einer Ablehnung von Waffenlieferungen einher: Auch diejenigen, denen die diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Krieges nicht weit genug gehen, stimmen Waffenlieferungen im Grundsatz mehrheitlich zu: 45 Prozent halten die militärische Unterstützung der Ukraine für angemessen; 12 Prozent geht sie nicht weit genug. Auf der anderen Seite sagen 39 Prozent derjenigen, denen die diplomatischen Bemühungen nicht weit genug gehen, dass ihnen die militärische Unterstützung der Ukraine zu weit geht.
Deutsche wollen mehr Sanktionen gegen Russland
Bei der Bewertung der Sanktionsmaßnahmen gegen Russland ist der Anteil derjenigen, denen sie nicht weit genug gehen, um fünf Prozentpunkte gestiegen. Aktuell finden 43 Prozent, dass die Sanktionsmaßnahmen gegen Russland nicht weit genug gehen, 33 Prozent (-4 im Vergleich zu Februar) halten sie für angemessen, nur 18 Prozent gehen sie zu weit (+- 0).
In der Frage, wie der Krieg in der Ukraine beendet werden könnte, gibt es unterschiedliche Positionen. Eine überwiegende Mehrheit der Deutschen findet allerdings, dass die Ukraine in erster Linie selbst entscheiden muss, wann sie sich auf Verhandlungen mit Russland einlässt. Sieben von zehn Deutschen (73 Prozent) stimmen dieser Aussage zu, 21 Prozent stimmen nicht zu.
Dass für eine Beendigung des Krieges nötig sein wird, dass die Ukraine gewisse Gebiete an Russland abtritt, findet nur jeder dritte Deutsche (35 Prozent) - eine knappe Mehrheit von 54 Prozent stimmt dem nicht zu. Dies sehen übrigens die Anhänger fast aller Parteien so: am deutlichsten die Grünen-Anhänger mit 68 Prozent, auch die FDP-Anhänger stimmen mit einer relativen Mehrheit von 48 Prozent dieser Aussage nicht zu. Allein bei den Anhängern der AfD zeigt sich ein anderes Bild: Hier meint mit 64 Prozent die Mehrheit, dass die Ukraine für eine Beendigung des Krieges gewisse Gebiete an Russland abtritt.
Mehrheit sorgt sich um Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage
Nach Ausbruch des Ukraine-Krieges vor gut einem Jahr hatten viele Menschen Sorge, dass sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland verschlechtert. Im März vor einem Jahr gaben 64 Prozent an, dass sie sich darüber große beziehungsweise sehr große Sorgen machen - heute geben 69 Prozent geben an, dass sie sich große beziehungsweise sehr große Sorgen machen.
Darüber, dass es in Deutschland aufgrund des Ukraine-Krieges zu Einschnitten in der Gas- und Energieversorgung kommt, machten sich vor einem Jahr noch 66 Prozent Sorgen, heute hingegen 53 Prozent. Darüber, dass Deutschland direkt in den Krieg hineingezogen werden könnte, machen sich aktuell 58 Prozent Sorgen (+2 im Vergleich zu Oktober 2022).
Russland und China keine vertrauenswürdigen Partner Deutschlands
In der Frage, ob Russland ein vertrauenswürdiger Partner für Deutschland ist, sind sich die Deutschen weitestgehend einig: Nur sieben Prozent finden, man könne Russland vertrauen. Ähnlich sieht es bei der Bewertung Chinas aus: acht Prozent halten China für einen vertrauenswürdigen Partner für Deutschland.
Kürzlich war Bundeskanzler Olaf Scholz zu Besuch in Indien, um die wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder zu verstärken. 33 Prozent halten Indien für einen vertrauenswürdigen Partner. Bei der Ukraine sagen aktuell 47 Prozent, man könne dem Land vertrauen, bei der USA eine Mehrheit von 59 Prozent.
Union in der Sonntagsfrage im Aufwärtstrend
Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die Kanzlerpartei SPD aktuell auf 18 Prozent und verliert damit leicht (-2 im Vergleich zu Februar). Die Union aus CDU und CSU verbessert sich gegenüber dem Vormonat um vier Prozentpunkte und wäre mit 31 Prozent weiterhin stärkste Kraft. Für die CDU/CSU ist das der beste Wert im ARD DeutschlandTrend seit zwei Jahren. Die Grünen verschlechtern sich um einen Prozentpunkt auf 17 Prozent und lägen knapp hinter der SPD. Die FDP verliert ebenfalls einen Punkt und kommt aktuell auf sechs Prozent. Die AfD könnte mit 14 Prozent (-1), die Linke mit fünf Prozent (+1) rechnen. Auf alle weiteren Parteien entfallen unverändert neun Prozent (+-0).
Das Ansehen der amtierenden Bundesregierung ist weiterhin bei einer Mehrheit der Deutschen gering. Anfang März sind 65 Prozent mit der Arbeit von SPD, Grünen und FDP weniger bis gar nicht zufrieden (+1 im Vergleich zu Februar). Nur ein Drittel der Wahlberechtigten (33 Prozent, +-0) sind zufrieden oder gar sehr zufrieden.
Rückenwind für Verteidigungsminister Pistorius
Bei der Bewertung des Spitzenpersonals der aktuellen Regierung liegt Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit 52 Prozent vorne (+14 im Vergleich zu Februar). 19 Prozent geben an, nicht zufrieden mit seiner Arbeit zu sein. Damit liegt Pistorius nun vor Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), mit deren Arbeit 47 Prozent zufrieden (-1) und 49 Prozent unzufrieden sind. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verliert gegenüber Februar sechs Prozentpunkte und kommt auf 41 Prozent Zufriedenheit; 50 Prozent sind mit seiner Arbeit weniger oder gar nicht zufrieden. Mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sind 38 Prozent zufrieden (-2), 59 Prozent der Befragten geben an, mit seiner Arbeit unzufrieden zu sein.
Der Fraktionsvorsitzende der Union, Friedrich Merz, kommt weiterhin auf einen Zufriedenheitswert von 31 Prozent (+-0), 58 Prozent geben jedoch an, mit seiner Arbeit unzufrieden zu sein. Die Zufriedenheit mit Finanzminister Christian Lindner sinkt im Vergleich zu Februar auf 31 Prozent (-4), 61 Prozent sind mit seiner Arbeit unzufrieden.
Mit der politischen Arbeit der Linken-Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht sind derzeit 26 Prozent zufrieden (-12 im Vergleich zu April 2019), 62 Prozent sind weniger bis gar nicht zufrieden.
Die Innenministerin Nancy Faeser kommt auf einen Zufriedenheitswert von 24 Prozent (+2), 47 Prozent sind aktuell unzufrieden mit ihrer Arbeit. Mit Verkehrsminister Volker Wissing sind weiterhin 14 Prozent zufrieden (+-0 im Vergleich zu September 2022), 42 Prozent sind unzufrieden. Die Linken-Parteichefin Janine Wissler kommt auf neun Prozent (-2 im Vergleich zu Januar), 32 Prozent sind nicht zufrieden und 59 Prozent kennen sie nicht oder trauen sich kein Urteil über sie zu. Mit dem AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla sind ebenfalls neun Prozent zufrieden (-2 im Vergleich zu Januar). 46 Prozent sind unzufrieden und 45 Prozent geben an, ihn nicht zu kennen oder sich kein Urteil über ihn zuzutrauen.
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Telefon- und Online-Befragung
Erhebungszeitraum: 27. Februar bis 01. März 2023
Fallzahl: 1311 Befragte (781 Telefoninterviews und 530 Online-Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und Rückerinnerung Wahlverhalten; Sonntagsfrage mit separater Gewichtung
Schwankungsbreite: 2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent
3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap
Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle einer Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.