Kindergrundsicherung Das Verwirrspiel geht weiter
Familienministerin Paus hatte das "Wachstumschancengesetz" ihres Kollegen Lindner im Kabinett blockiert. Nun äußerte sie sich zu dem Vorgang - doch wer sich klärende Worte erhofft hatte, wurde enttäuscht.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus von den Grünen wirkte freundlich und entschlossen, als sie vor die Presse trat - doch die anwesenden Medienleute staunten nicht schlecht, als die spontan angekündigte Stellungnahme der Ministerin nach gerade mal sechs Minuten vorbei war und Paus keinerlei Fragen zuließ. Das sorgte für Frustration im Saal, denn viele hatten sich klärende Worte erhofft zur umstrittenen Kindergrundsicherung.
Der Streit schwelt seit Wochen zwischen Paus und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Die Fragen liegen auf der Hand: Wie soll die Finanzierung aussehen? Wann kommt alles ins Kabinett? Wer setzt sich durch?
Es gibt vorerst keine Lösung, sondern das bisherige Verwirrspiel geht weiter: Lächelnd verließ die Ministerin ihr Stehpult und schenkte den hörbar gereizten Zurufen seitens der Presse keine Beachtung: "Wirklich keine Fragen?" - "Leider nein", so ihr Sprecher.
Gesetzentwurf liegt laut Paus vor
Die Kernbotschaft aus dem Familienministerium: Der Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung sei nun ans Bundeskanzleramt und das Bundesfinanzministerium gegangen - und zwar in mehreren Varianten, wie es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausdrücklich von Paus gefordert hatte.
Das war Anfang Juli und seitdem lodert der Streit um den Gesetzentwurf noch stärker als schon zuvor. Denn Finanzminister Lindner beharrt darauf, dass die von Paus geforderten höheren Leistungen für Familien in der Grundsicherung gegenfinanziert werden müssten - ein Standpunkt, den auch die FDP-Fraktion teilt.
Der Konflikt ging ungelöst in die parlamentarische Sommerpause und flammte danach neu auf. Denn Paus verhinderte den Kabinettsbeschluss des von Lindner so bezeichneten "Wachstumschancengesetzes" zur Förderung der deutschen Wirtschaft. Das interpretierten viele als Revanche für die Art, wie Lindner mit den Finanzierungswünschen für die Kindergrundsicherung umging.
Scholz: "Zu 99 Prozent fertig, vielleicht 98"
Scholz musste schlichten. Die "Varianten" im Gesetzentwurf, die der Kanzler forderte, dürften sich auf Leistungsdauer und -umfang einer Kindergrundsicherung beziehen, und das wiederum wirkt sich aus auf die Höhe der geforderten Summen. Das Familienministerium hatte schon in den Monaten zuvor verschiedene Angaben zwischen sieben und zwölf Milliarden Euro pro Jahr als Forderung formuliert - Finanzminister Lindner sicherte lediglich zwei Milliarden zu.
Zusätzliche Verwirrung stiftet die Auskunft des Kanzleramts: Dort hieß es auf Nachfrage des ARD-Hauptstadtstudios, dass der Entwurf aus dem Familienministerium bereits vergangene Woche eingegangen sei. Das macht die Eskalation im Kabinett umso unverständlicher.
Scholz sagte bei einem Pressetermin am Rande seines Besuchs bei Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer: Bei der Kindergrundsicherung habe er "sehr dafür gesorgt, dass es einen großen Fortschritt gibt, wir sind schon bei 99 Prozent, vielleicht 98 Prozent fertig, den Rest schaffen wir auch noch".
Details zur Kindergrundsicherung lässt Paus offen
Fest steht bislang lediglich das generelle Konzept der Kindergrundsicherung: Es sieht im Kern eine Zusammenfassung verschiedener Unterstützungsleistungen für Kinder und Familien vor. Für jedes Kind soll es einen Grundbetrag analog zum Kindergeld geben, dazu Aufschläge je nach Einkommen der Eltern.
Wie alles genau aussieht, das hätten die Medienleute gerne von der Ministerin persönlich erfahren. Doch Paus sagte lediglich, der Entwurf liege nun vor "mit verschiedenen Berechnungsvarianten, dazu kann ich Ihnen keine Informationen geben, da diese regierungsintern verhandelt werden - dafür bitte ich um Verständnis." Das Rätselraten geht also weiter.