Landtagswahl in Brandenburg Der Traum von fünf Prozent
In Brandenburg sind 14 Parteien und Bündnisse mit einer Landesliste zur Wahl zugelassen. Sieben von ihnen kämpfen darum, überhaupt in den Landtag einzuziehen - darunter die FDP.
Am 22. September wird in Brandenburg ein neuer Landtag gewählt. Während die etablierten Parteien darüber grübeln, ob sie an einer Regierungsbildung beteiligt werden könnten, wäre es für manche Partei schon ein Erfolg, wenn ihr überhaupt der Einzug in den Landtag gelänge.
Um das zu schaffen, muss in Brandenburg jede Partei fünf Prozent der Wählerstimmen holen. Andernfalls ist der Einzug nur noch über die Grundmandatsklausel möglich, dafür müsste mindestens ein Kandidat einer Partei es schaffen, das Direktmandat in seinem Wahlkreis zu gewinnen.
Mit einer Landesliste zugelassen sind 14 Parteien und Bündnisse. Dazu gehören die sechs Parteien, die bisher bereits im Parlament vertreten sind: SPD, CDU, AfD, Grüne, Linke, BVB / Freie Wähler. Zudem tritt das erst gegründete BSW an, das Bündnis hat laut Umfragen gute Chancen in den Landtag zu kommen.
Die folgenden sieben Parteien und Vereinigungen waren weder in den letzten zehn Jahren im Parlament vertreten noch konnten sie in den vergangenen zwölf Monaten Umfrageergebnisse von vier Prozent oder höher erreichen. Laut dem jüngsten BrandenburgTrend kommen sie zusammen auf fünf Prozent der Wählerstimmen.
Die FDP war in Brandenburg zweimal im Landtag
Die Freie Demokratische Partei (FDP) sticht unter den sieben weniger chancenreichen Parteien hervor, da sie in ihrer Geschichte zweimal im Landesparlament vertreten war. 1990 und 2009 zog sie für jeweils eine Wahlperiode in den Landtag ein. Bei der vergangenen Wahl 2019 scheiterte der Einzug nach einem Ergebnis von 4,08 Prozent.
Die FDP Brandenburg wurde 1990 gegründet und ist mit rund 1.500 Mitgliedern die größte Partei unter den sieben. Im Wahlprogramm setzt sie auf einen weitgehenden Abbau staatlicher Eingriffe, will Belastungen durch höhere Steuern vermeiden.
Im rbb-Interview übte FDP-Spitzenkandidat Zyon Braun Kritik an anderen Parteien. "Ich bin sehr enttäuscht darüber, wenn Parteien wie die CDU 'Wir lassen uns nicht verampeln' aufs Plakat bringen", sagte er. "Die wollen gewählt werden, weil es eine Ampel im Bund gibt. Ich will gewählt werden, weil ich Ideen für Brandenburg habe." Auch das BSW kritisierte Braun, weil es auf Themen setze, die gar nicht im Landtag entschieden würden, dennoch aber würden CDU und SPD "Flirtversuche" mit dem Bündnis unternehmen.
Er wolle das Handwerk und den Mittelstand fördern, sagte der Spitzenkandidat. Nötig seien auch Fortschritte in der Digitalisierung. Bauanträge sollen automatisch als genehmigt gelten, wenn sich nach drei Monaten Warten keine Behörde zurückgemeldet habe. Der FDP-Politiker forderte im rbb-Gespräch auch eine "180 Grad-Wende in der Migrationspolitik". Wer nicht hierbleiben dürfe, müsse zurückgeführt werden.
Die Tierschutzpartei tritt zum zweiten Mal an
Deutlich kleiner ist die Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei), die rund 80 Mitglieder hat. Sie wurde in Brandenburg 1998 gegründet und tritt zum zweiten Mal bei der Landtagswahl mit eigener Landesliste an; 2019 holte sie 2,6 Prozent der Stimmen.
In ihrem Grundsatzprogramm wirbt die Tierschutzpartei damit, die erste deutsche Partei zu sein, die sich konkret für das Ende von Tierleid einsetze. Der Schutz von Tieren müsse durch einen eigenen Artikel im Grundgesetz verankert werden, sagte die Spitzenkandidatin Christiane Müller-Schmolt im rbb-Interview. Sie betonte, dass Tiere genauso Leid empfinden könnten wie Menschen. "In Brandenburg leben zwölf Millionen Nutztiere und 2,54 Millionen Menschen. Da ist es nur fair, den Tieren eine größere Stimme und mehr Rechte zu geben."
Außerdem fordert die Partei, die Hobbyjagd zu verbieten. Wölfe dürften nicht abgeschossen werden. Politisch sieht die Kandidatin die Tierschutzpartei zwischen Linken und Grünen verortet. Über das Tierwohl hinaus stehe die Partei auch für bezahlbare Mieten ein. Zur Finanzierung müsste beispielsweise bei künftigen Bauprojekten Geld gespart werden. "Der BER hätte bestimmt nicht derart ausufern müssen in der Vergangenheit", sagte Müller-Schmolt im rbb-Gespräch.
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Das Parteienbündnis Plus ist erstmals dabei
Erstmals bei einer Landtagswahl tritt die Listenvereinigung Plus Brandenburg (Plus) an. Hierbei handelt es sich um ein Parteienbündnis aus Piraten, Ökologisch-Demokratischer Partei (ÖDP) und Volt. Ihr Kalkül: Zusammen ist die Chance größer, die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen. Die Landesverbände der Parteien haben insgesamt mindestens 500 Mitglieder.
Am erfolgreichsten bei einer Wahl waren bisher die Piraten, sie holten bei der Landtagswahl 2014 insgesamt 1,5 Prozent der Stimmen. 2019 kamen die Piraten auf 0,69 Prozent, die ÖDP auf 0,57 Prozent. Volt trat 2019 bei der Brandenburger Landtagswahl nicht an. In ihrem gemeinsamen Wahlprogramm wirbt das Trio unter anderem für Umwelt- und Naturschutz und mehr Bürgerbeteiligung bei politischen Entscheidungen.
Unter anderem wird die Einführung einer Ersatzstimme bei Wahlen gefordert. Die Idee: Zwei Stimmen pro Wähler abgeben, die zweite soll aber nur berücksichtigt werden, wenn die erste Stimme an eine (kleine) Partei ging, die aber den Einzug in den Landtag nicht schaffte. Das wäre durchaus "verfassungskonform", sagte Spitzenkandidat Thomas Bennühr (Piraten) auf Nachfrage im rbb-Interview.
Plus Brandenburg schlägt die Einführung eines 9-Euro-Tickets für ganz Brandenburg vor, statt vieler kommunaler Verkehrsgesellschaften sollte es eine zentrale Landesverkehrsgesellschaft nach dem Vorbild der Berliner BVG geben, so Kandidat Bennühr.
Neonazipartei III. Weg tritt ebenfalls an
Auch der III. Weg (Der Dritte Weg) tritt bei der Landtagswahl an. Sie gilt als Neonazipartei mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen und wird vom brandenburgischen Landesverfassungsschutz beobachtet. Die Partei vertritt ein völkisches Weltbild und bezieht sich zum Teil auf Ideen des Nationalsozialismus.
Ihre Politik richtet sich vor allem gegen Asylsuchende und ausländische Menschen. Sie hat in Brandenburg etwa 70 Mitglieder, darunter ehemalige NPD-Funktionäre. Ein eigenes Wahlprogramm für Brandenburg hat die Partei nicht.
Sie artikuliert auf ihrer Website Forderungen wie etwa "Kein deutsches Blut für fremde Interessen", damit gemeint ist demnach der kategorische Ausschluss deutscher Soldaten im Ausland. Eine weitere Forderung heißt "Heimat bewahren", damit gemeint ist demnach, die "Überfremdung Deutschlands" zu stoppen. Der Verfassungsschutz stuft den III. Weg als rechtsextremistisch ein.
Linksextremistische DKP seit 1990 in Brandenburg aktiv
Als - nach eigener Aussage - Vertreterin der Arbeiterbewegung und mit Berufung auf marxistisch-leninistische Ideen tritt die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) an. Sie ist seit 1990 in Brandenburg aktiv, in der Bundesrepublik wurde sie 1968 gegründet und gilt als eine von mehreren Nachfolgeorganisationen der Kommunistischen Partei Deutschlands, die wiederum 1918 gegründet und 1956 verboten wurde.
Der Verfassungsschutz beobachtet die Partei und stuft sie als linksextremistisch ein. Nach eigenen Angaben hat die DKP rund 100 Mitglieder. In ihren Positionen für die Landtagswahl fordert die Partei einen Bruch mit dem Kapitalismus. Der Staat solle lieber nach sozialistischen und kommunistischen Ideen organisiert werden.
Sie mache sich deshalb wenig Hoffnung, ins Landesparlament zu ziehen. Die Bewerbung habe aber ihren Sinn. "Viele Leute wissen nicht, dass es eine kommunistische Partei gibt, die sie wählen können", sagte Marion Baur, Kandidatin der DKP Brandenburg, im Gespräch mit dem rbb. Ihre Forderungen umfassen kostenlose Medikamente und kostenlose Bahntickets. Finanzieren lasse sich dies, "indem wir unser Geld nicht in die Rüstung stecken". Zudem sollten Enteignungen vollzogen werden. Angesprochen auf den Verfassungsschutz, sagte Baur: "Ich kann nicht sehen, dass ich mich außerhalb des Grundgesetzes bewege."
Neu gegründete Partei Deutsch|Land|Wirtschaft
Auch die Partei Deutsch|Land|Wirtschaft (DLW) tritt in Brandenburg an - woanders gibt es sie auch gar nicht. Sie wurde erst vor wenigen Monaten gegründet und sieht sich als Vertreterin der Landwirtschaft und ländlicher Regionen. Sie hat 20 Mitglieder und will laut Wahlprogramm den ländlichen Raum attraktiver machen, etwa durch Schaffung von Mobilitätsangeboten und besserer Gesundheitsversorgung.
"Die Partei hat sich aus den Bauernprotesten heraus gegründet", sagte DLW-Spitzenkandidat Benjamin Meise im Gespräch mit dem rbb. Die Bauernproteste hätten am Ende nichts erreicht, deshalb habe man sich durchgerungen, die Partei zu gründen.
Meise zufolge richten sich zwar tatsächlich viele Forderungen eher in Richtung Berlin und Brüssel, da diese nicht auf Landeseben bestimmt werden könnten. Es gebe aber durchaus auch brandenburgspezifische Inhalte: Da sei etwa die Ausmerzung der "weißen Flecken im Mobilnetz" auf dem Land, die angegangen werden müsse. Außerdem fordert die Partei, die Natur "ideologiefrei" zu schützen. Das heißt: Das Jagdrecht soll bei Wolf und Biber gelockert werden, sagte Meise. Es soll am Ende "mehr Möglichkeiten geben, die Wölfe an ihre Grenzen zu verweisen", so der Spitzenkandidat.
WerteUnion auch erstmals vertreten
Ebenfalls erst dieses Jahr gegründet hat sich der Brandenburger Landesverband der WerteUnion. Die Partei versteht sich als konservativ-liberal, die unter anderem eine strikte Begrenzung von Zuwanderung fordert. Sie hat in Brandenburg rund 60 Mitglieder. Bundesvorsitzender der Partei ist Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet Maaßen und hat ihn als Rechtsextremist gespeichert.
Im Wahlprogramm will die WerteUnion die Zuwanderung von Personen ohne abgeschlossene Ausbildung oder grundlegende Schulausbildung verhindern. Die Eingrenzung von Migration fordern zwar auch andere Parteien. "Die machen es aber nicht, die versprechen es nur", sagte die Spitzenkandidatin Anna-Sophia Werz im Gespräch mit dem rbb.
Sie sieht zudem Handlungsbedarf beim Thema Bildung. Es müsse mehr Geld in Lernmittel für Erzieher und Lehrer gesteckt werden. "Das ist ein riesengroßes Problem. Woher ich die Lehrer nehmen würde, das weiß ich jetzt auch nicht." Generell würde aber mehr Attraktivität helfen, um Lehrer nach Brandenburg zu locken, so Werz weiter. Es müsse geguckt werden, ob es "möglicherweise Wohnungen für Lehrer gibt, so wie früher Werkswohnungen", schlägt die Kandidatin vor.
Sie hofft, dass ihre Partei die Fünf-Prozent-Hürde knackt und in den Landtag einzieht. Bei der jüngsten Parlamentswahl in Thüringen kam die WerteUnion auf 0,6 Prozent und in Sachsen auf 0,3 Prozent.