Alexander Schweitzer, Michael Kretschmer und Stephan Weil auf der Pressekonferenz nach der Ministerpräsidentenkonferenz
Überblick

Migration, Rundfunk, Finanzen Darauf haben sich die Regierungschefs geeinigt

Stand: 25.10.2024 17:21 Uhr

Wie weiter in der Asylpolitik? Wie soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk reformiert werden? Die Ministerpräsidentenkonferenz in Leipzig hatte einige schwierige Themen auf der Tagesordnung. Ein Blick auf die Ergebnisse.

Asylpolitik

Die Regierungschefs und -chefinnen der Bundesländer halten die Zugangszahlen im Bereich Asyl für "weiterhin viel zu hoch". Zu diesem Thema bestehe weiter Handlungsbedarf, heißt es in einem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz. Die bereits ergriffenen Maßnahmen zur besseren Steuerung der Migration zeigten aber erste Wirkung. Die Regierungschefs und -chefinnen der Länder einigten sich bei ihrer Konferenz in Leipzig auf insgesamt 15 Punkte in der Asyl- und Migrationspolitik, darunter vor allem Forderungen an die Bundesregierung.

Unter anderem wurde beschlossen, die bisherigen Kontrollen an den Binnengrenzen fortzusetzen. Diese hätten maßgeblich dazu beigetragen, die Zahl der illegalen Einreisen zu verringern. Ein weiterer zentraler Punkt soll die Wiederbelebung des sogenannten Dublin-III-Abkommens sein. Dieses ist die Grundlage für Überstellungen innerhalb der EU. Es sieht vor, dass Asylbewerber in das Land gebracht werden, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten haben. Die Länderchefs fordern, dass die Zuständigkeit dafür künftig nicht mehr bei den Ausländerbehörden der Länder, sondern zentral beim Bund liegen soll. Der Bund solle dafür in eigener Verantwortung Bundesausreisezentren errichten und betreiben.

Zudem planen die Länder, die Diskussion über Abschiebungen in Transit- oder Drittstaaten erneut mit der Bundesregierung aufzunehmen. Die Bundesregierung wurde gebeten, auf der nächsten gemeinsamen Konferenz im Dezember über den aktuellen Stand zu berichten und konkrete Modelle vorzustellen.

Beim Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten forderten die Länder die Bundesregierung auf, den Nachzug auf Härtefälle zu beschränken. Bislang gibt es für diese Gruppe ein Kontingent mit jährlich 12.000 Plätzen. Die umstrittene Forderung nach Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze ist nicht Teil des Beschlusspapiers, findet sich aber in einer Protokollerklärung Bayerns.

Rundfunkbeitrag

Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder haben keinen Beschluss zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefasst. Damit bleibt der Rundfunkbeitrag vorerst bei 18,36 Euro pro Monat. Die Länderchefs wollen den Weg verändern, wie der Beitrag festgelegt wird. Wie der aussehen könnte, soll bis Dezember geklärt werden.

In den vergangenen Monaten lagen die Positionen beim Rundfunkbeitrag weit auseinander. Länder wie Sachsen-Anhalt und Bayern sprachen sich immer wieder gegen eine Anhebung aus. In dieser Frage braucht es aber ein einstimmiges Votum. Weicht nur ein Regierungschef ab, kann eine Erhöhung nicht auf den Weg gebracht werden. Die Gegner einer Erhöhung argumentierten, die Häuser hätten nicht genug getan, um sich selbst zu reformieren. Aktuell beträgt der Jahresbetrag für den Rundfunk neun Milliarden Euro. Befürworter sagten, Reformen würden erst mit der Zeit für Einsparungen sorgen. Deshalb müsse man den Häusern das Beitragsplus - auch mit Blick auf die Inflation - zugestehen.

Die neue Beitragsperiode beginnt am 1. Januar 2025. Dann müsste der Rundfunkbeitrag, den Haushalte und Firmen zahlen, gemäß einer Experten-Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) von monatlich 18,36 Euro um 58 Cent auf 18,94 Euro steigen. Dahinter steht ein verfassungsrechtlich verbrieftes Verfahren.  Die Länderchefs müssen sich eigentlich eng an diese Empfehlung orientieren. Schon beim vorigen Mal hatte Sachsen-Anhalt vor dem Bundesverfassungsgericht eine Niederlage kassiert, weil sich das Land gegen eine empfohlene Erhöhung gestellt hatte.

Rundfunkbeitrag - was ist das?
Der Rundfunkbeitrag ersetzt seit 2013 die Rundfunkgebühr, die von manchen umgangssprachlich "GEZ-Gebühr" genannt wurde. Seitdem zahlen jeder Haushalt und jede Betriebsstätte die Abgabe für die öffentlich-rechtlichen Sender, und zwar unabhängig davon, ob Empfangsgeräte vorhanden sind. Grundgedanke der Reform war, dass in Zeiten von Smartphones nicht mehr der Besitz eines "Rundfunkempfanggeräts" für die Beitragspflicht entscheidend sein kann.

Für Firmen wird der Beitrag nach der Zahl der Betriebsstätten, Beschäftigten und Kraftfahrzeuge berechnet. Eine Befreiung von der Beitragspflicht aus sozialen Gründen ist möglich.

Der Rundfunkbeitrag wird durch den Beitragsservice eingezogen, der die Einnahmen an ARD, ZDF und Deutschlandradio verteilt. Im Jahr 2023 nahm der Beitragsservice insgesamt rund 9,02 Milliarden Euro ein - ein Plus von 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. ARD, ZDF und Deutschlandradio erhielten davon 8,85 Milliarden Euro. An die Landesmedienanstalten, die für die Aufsicht über den privaten Rundfunk zuständig sind, flossen 170 Millionen Euro.
Das Bundesverfassungsgericht bestätigte 2018 in einem grundsätzlichen Urteil, dass der Rundfunkbeitrag rechtens ist.

Rundfunkreform

Geeinigt haben sich die Regierungschefs aber auf den Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Details des Beschlusses wurden noch nicht veröffentlicht. Einige Punkte nannten die Länder aber in der Pressekonferenz. Die ARD-Radioprogramme sollen von 70 auf 53 reduziert werden.

Zu den TV-Sendern stellte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) klar: "Wir haben nicht die Fusion von 3sat und Arte beschlossen." Man habe vielmehr die Schaffung von Arte zu einer europäischen Kulturplattform angeregt und dass 3sat-Inhalte perspektivisch dort eine Rolle spielen könnten. KiKA und das digitale Angebot Funk bleiben erhalten. Bei One und ZDFneo soll es eine Kooperation geben. Auch die Deckelung von Ausgaben für Sportrechte haben die Ministerpräsidenten beschlossen.

Beim Thema "Presseähnlichkeit" habe man einen guten Kompromiss gefunden, so Schweitzer. Über eine Positivliste soll festgelegt werden, was öffentlich-rechtliche Sender im Internet künftig veröffentlichen dürfen. Schweitzer sagte, dass auf diese Positivliste auch Echtzeitberichterstattung komme.

Damit die strukturellen Reformen greifen können, müssen alle Landtage zustimmen. Lehnt auch nur ein Landesparlament das Papier ab, können die Änderungen in den Staatsverträgen zum Rundfunk nicht in Kraft treten. Die Reform könnte nach früheren Länderangaben von Sommer 2025 an umgesetzt werden.

In Staatsverträgen legen die Bundesländer seit Jahrzehnten fest, welchen Auftrag und welche Struktur der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat. Es geht etwa darum, wie viele Rundfunkanstalten es gibt und welche Programme angeboten werden.

Kommunen

Die Regierungschefs der Länder fordern vom Bund Maßnahmen zur Entlastung der Kommunen. Für dieses Jahr werde für die kommunale Ebene ein finanzielles Rekorddefizit von 13,2 Milliarden Euro vorhergesagt, hieß es zur Begründung. Die Ausgaben für Sozialleistungen hätten sich seit 2005 verdoppelt, auch die hohen Flüchtlingszahlen belasteten die Kommunen stark. Die Länder könnten dies wegen ihrer eigenen angespannten Haushaltslage nicht auffangen. 

Die Bundesebene müsse beim Erlass von Gesetzen die Lage in den Kommunen stärker in den Blick nehmen und die finanziellen und personellen Auswirkungen genauer analysieren, forderten die Regierungschefs. Gesetze dürften auch nicht mehr wie zuletzt häufig im Schnellverfahren entstehen. Aufgaben, die vom Bund an die Kommunen übertragen werden, müssten "stets mit einer vollständigen und dauerhaften Kompensation" der damit verbundenen Mehrbelastungen einhergehen. Außerdem müsse das Förderrecht vereinfacht und entbürokratisiert werden.

Schulen

Die Regierungschefs der Länder fordern eine Verlängerung des Digitalpakts für Schulen. Mit der laufenden Vereinbarung seien von 2019 bis 2024 erhebliche Fortschritte bei der Digitalisierung der Bildungslandschaft erzielt worden. Diese positive Entwicklung müsse "kontinuierlich und nahtlos weiterverfolgt werden", heißt es in einem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz. Der Bund müsse von 2025 bis 2030 mindestens 1,3 Milliarden Euro jährlich zur Weiterführung des Digitalpakts zur Verfügung stellen. Das Geld müsse in einem "bürokratiearmen Verfahren" an die Länder verteilt werden.

Energiekosten

Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten dringen auf eine Senkung der überdurchschnittlich hohen Energiekosten in Deutschland. Angesichts der Krisen in der Chemie-, Stahl- und Automobilindustrie gebe es akuten Handlungsbedarf, heißt es in einem Beschluss. Die Länderchefs formulieren bei ihrer Jahreskonferenz in Leipzig einen ganzen Forderungskatalog, um dem Problem beizukommen. Unter anderem müsse die Stromsteuer für alle Unternehmen gesenkt werden. Neben Stromspeichern müssten auch Wasserstoff- und Wärmespeicher stärker gefördert werden. Der notwendige Netzausbau solle künftig nicht nur durch die Netzentgelte, sondern auch durch Steuermittel finanziert werden. Die Kraftwerksstrategie müsse schneller umgesetzt werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 25. Oktober 2024 um 15:00 Uhr.