Olaf Scholz und Friedrich Merz

Treffen von Scholz und Merz erwartet Was sind die Lehren aus Solingen?

Stand: 27.08.2024 04:02 Uhr

Nach der tödlichen Messerattacke von Solingen wird heute ein Gespräch von Bundeskanzler Scholz und Unionsfraktionschef Merz erwartet. Das Verhältnis der beiden gilt als angespannt. Was haben sie nun zu bereden?

Von Barbara Kostolnik, ARD Berlin

Friedrich Merz, ohnehin ein Mann markiger Worte, kommt umgehend zum Punkt: "Es reicht", schleudert Merz im ARD-Brennpunkt in die Kamera. Gemeint ist in erster Linie die Ampel und da ganz besonders: der Bundeskanzler.

Merz fordert, man müsse jetzt gemeinsam was tun. Gemeinsam, damit meint er alle demokratischen Parteien im Bundestag, gemeinsam gegen das Problem der irregulären Migration - gemeinsam auch, um das Thema nicht einmal mehr der AfD zu überlassen.

Merz: Solingen ist "Wendepunkt"

Merz versucht - analog zur Zeitenwende - das Attentat von Solingen zu einem Wendepunkt in der Migrationspolitik zu stilisieren: "Wenn Solingen jetzt für die Koalition nicht der Wendepunkt ist, dann weiß ich nicht, was noch passieren muss, damit hier einige Leute endlich mal zur Besinnung kommen."

Nur: Die Besinnung ist schon da. Mit der Umsetzung hapert es. Im Fall des mutmaßlichen Attentäters von Solingen lag der Fehler nicht in der Gesetzgebung der Ampelkoalition, sondern in der Ausführung durch die Bundesländer.

Bereits nach dem Messerattentat von Mannheim, als ein mutmaßlicher Islamist einen Polizisten niederstach, hatte der Bundeskanzler ein hartes Durchgreifen angekündigt - Anfang Juni dieses Jahres.

Da sagte Olaf Scholz beim ostdeutschen Wirtschaftsforum in Bad Saarow: "Gewalt kann von uns niemals akzeptiert werden, wir werden gegen alle vorgehen, die mit Gewalt den demokratischen Raum einzuschränken versuchen."

Kanzler will Waffenrecht verschärfen

Nach dem erneuten Messerattentat soll nach dem Willen von Scholz unter anderem das Waffenrecht verschärft werden. Aber ob das ausreicht, bezweifelt nicht nur die FDP. Deren Fraktionsvize im Bundestag, Konstantin Kuhle, forderte in der "Rheinischen Post", in der Abschiebepraxis von Bund und Ländern dürfe "kein Stein auf dem anderen bleiben".

Ein Satz ganz im Sinne von Friedrich Merz. Denn auch der Oppositionschef im Bundestag ist der Ansicht, jetzt müsse grundsätzlich die Asyl- und Einwanderungspolitik geändert werden. Wenn das nicht geschehe, werde man das Vertrauen der Bevölkerung verlieren.

Olaf Scholz kennt das Problem mit dem Vertrauen nur allzu gut. Seine Umfragewerte befinden sich seit Monaten im freien Fall. Aber was genau ist zu tun? In Solingen bekundet der Kanzler, zornig und wütend zu sein über den Attentäter, der die Gesellschaft spalten wolle.

Sichtlich angefasst und um Worte ringend sagt er nach dem Treffen mit den Ersthelfern vom Solinger Tatort: "Wir werden alles dafür tun müssen, dass diejenigen, die hier in Deutschland nicht bleiben können und dürfen, auch zurückgeführt und abgeschoben werden, mit den gesetzlichen Regelungen, die wir gerade erst miteinander beschlossen haben." Denn die Gesetze dafür gibt es.

Das weiß auch Friedrich Merz. Und um das Grundrecht auf Asyl abzuschaffen, braucht er sich nicht mit dem Kanzler zu treffen, das ginge wohl besser mit der AfD.

Merz hat Vorschläge für Scholz und die Migrationsthematik

Merz hat Scholz also ein paar andere Vorschläge aufgeschrieben: Bestehende Gesetze verschärfen, nach Syrien und Afghanistan abschieben, dauerhafte Grenzkontrollen, kein Bleiberecht für Flüchtlinge, die aus sicheren Drittstaaten einreisen, Schluss mit erleichterten Einbürgerungen und keine doppelten Staatsbürgerschaften mehr. Nachzulesen in der" Merzmail", dem E-Mail-Newsletter des Oppositionsführers. Wo Merz auch anbietet, im Bundestag mit seiner Union für diese Vorhaben zu stimmen, wohlwissend, dass SPD, FDP und Grüne nichts davon mittragen werden.

Merz ficht das nicht an. Er mache der Koalition dieses Angebot aus tiefster Überzeugung, dass man hier gemeinsam zu Lösungen kommen müsse. Nur sind das ziemlich sicher keine Lösungen für Olaf Scholz. Denn die Merzschen Lösungen würden die Auflösung der Ampelkoalition bedeuten.