Nach Ampel-Aus Angriffslustiger Scholz offen bei Neuwahlfrage
Ursprünglich wollte der Kanzler die Vertrauensfrage am 15. Januar stellen. Jetzt könnte es doch vor Weihnachten schon passieren. Bei Caren Miosga schloss Scholz einen früheren Termin nicht aus und schaltet in den Wahlkampfmodus.
Der Kanzler im dunkelblauen Anzug im einstündigen Interview bei Caren Miosga: Aufgeräumt, gewohnt selbstbewusst und für seine Verhältnisse ungewöhnlich klar. Beispielsweise als es um den Rauswurf von Christian Lindner ging. Seine öffentliche Abrechnung mit dem FDP-Politiker findet Olaf Scholz auch im Nachhinein richtig.
Es habe ihm gereicht: "Das war anständig, klar und deutlich und für alle Bürgerinnen und Bürger sehr verstehbar. Und ich habe mich direkt an die gewandt, weil ich gesagt habe, ich kann das dem Land nicht weiter zumuten."
Scholz rückt von Plänen ab
Bundeskanzler Scholz ging auf einen konkreten Streitpunkt ein, der zum Koalitionsbruch führte: Die Finanzierung weiterer Milliardenhilfen für die Ukraine. Hier habe es Christian Lindner abgelehnt, die Schuldenregeln des Grundgesetzes vorübergehend auszusetzen: "Es ging darum, ob wir das, was die Verfassung vorsieht, machen, dass wir in einer außergewöhnlichen Situation außergewöhnliche Belastungen außerhalb des normalen Haushalts finanzieren."
Neben der Aufarbeitung des Koalitionsbruchs hat der Kanzler sich bei Caren Miosga in der Neuwahlfrage bewegt. Von seinem ursprünglichen Vorschlag, erst am 15. Januar die Vertrauensfrage zu stellen, ist er abgerückt:
Dass ich noch vor Weihnachten die Vertrauensfrage stelle, wenn das alle gemeinsam so sehen, ist das für mich überhaupt kein Problem.
Keine Bedingungen für Vertrauensfrage
Der Bundeskanzler macht seine Entscheidung aber davon abhängig, dass sich SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und Oppositionsführer Friedrich Merz gemeinsam auf einen Termin für die Vertrauensfrage einigen. Scholz schlug vor, dass beide Gespräche über einen Zeitplan führen. "Ich bin damit einverstanden, wenn sich zum Beispiel Herr Mützenich und Herr Merz einigen, daran werde ich mich orientieren."
Scholz widersprach auch energisch dem Vorwurf, er habe Bedingungen an die Opposition für die Vertrauensfrage gestellt: "Also, dass man überhaupt erwägt, dass sich jemand das vorstellen könnte, dass nur wenn ein Gesetz beschlossen wird, was die CDU/CSU schlecht findet, mit ihrer Stimme, dass es dann zu Neuwahlen kommt, wer kommt denn auf sowas? Das ist nicht meine Überzeugung."
"Ich finde mich etwas cooler"
Das Koalitions-Aus, die Neuwahlfrage und dann die Außenpolitik: Wladimir Putin, die Ukraine, der künftige US-Präsident Donald Trump. Scholz gibt hier den erfahrenen Staatslenker: "Ich habe so viele Regierungswechsel als Kanzler erlebt. Und mein Prinzip ist immer, wenn ich es so flapsig sagen darf, getanzt wird mit denen, die im Saal sind. Und das gilt auch für den künftigen Präsidenten der USA."
Scholz im Wahlkampfmodus, schon jetzt mit direkten Attacken gegen Unionskanzlerkandidat Merz: "Ich finde mich etwas cooler, wenn es Staatsangelegenheiten betrifft. Um es mal so höflich zu sagen, wie es mir gerade gelingt."
Scholz ist von sich und seiner Entscheidung "Ampel-Aus" überzeugt - jetzt muss er allerdings noch Wählerinnen und Wähler von sich und seiner SPD überzeugen.