Bericht aus Berlin Lindner warnt vor "Ampel light"
"Ich bin Experte für SPD und Grüne", sagt Ex-Finanzminister Lindner. Im Bericht aus Berlin warb er für sich und seine FDP als Koalitionspartner einer möglichen CDU-geführten Regierung. Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün - das sei "Ampel light".
Der Kanzler hat ihn als Finanzminister entlassen und damit das Ende der Ampelkoalition besiegelt: Christian Lindner ist "nur" noch FDP-Chef und Oppositionspolitiker. Im Bericht aus Berlin machte Lindner deutlich, dass er nach der vorgezogenen Bundestagswahl gern wieder Finanzminister werden möchte. "Ich möchte auf das Geld der Bürgerinnen und Bürger aufpassen", sagte er in Richtung Union.
Aus Sicht Lindners ist eine CDU-geführte Regierung nach der Wahl so gut wie sicher. Die Frage sei aber, mit welchem Koalitionspartner. "Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün - das wäre eine Ampel-light", sagte der FDP-Chef. Das sei kein Aufbruch, fügte er hinzu und warb damit für sich und seine Partei als Koalitionspartner. CSU-Chef Markus Söder hatte sich zu Lindners zukünftigen politischen Ambitionen skeptisch geäußert und ihm zu einer Auszeit geraten. Lindner dazu: "Ich bin Experte für SPD und Grüne."
Zweistelliges FDP-Ergebnis als Ziel
Der Ex-Finanzminister ist bereits im Wahlkampfmodus. "Der Wahlkampf hat de facto jetzt schon begonnen", sagte er und sprach von einer Richtungsentscheidung für Deutschland. Die FDP gehe eigenständig in den Wahlkampf, er peile ein zweistelliges Ergebnis für seine Partei an. Dies habe die FDP trotz sehr schlechter Umfragewerte im Vorfeld auch bei den Wahlen unter seiner Führung 2017 und 2021 geschafft. Derzeit liegt die FDP in Umfragen unter der Fünf-Prozent-Hürde und muss um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen.
Auf die Frage, ob er in der Ampelkoalition auch Fehler gemacht habe, sagte Lindner: Sein Fehler sei gewesen, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November 2023 nicht darauf bestanden zu haben, den Koalitionsvertrag neu zu verhandeln. Weiter wollte er sich nicht an den Ex-Koalitionspartnern abarbeiten, auch nicht an Olaf Scholz. Lindner betonte lediglich: "Die FDP hat die Gespräche nicht abgebrochen" - und gab damit die Schuld für das Ampel-Aus weiter.
Keine Zusammenarbeit vor Vertrauensfrage
Bevor Scholz nicht die Vertrauensfrage stelle und der Wahltermin feststehe, werde die FDP zudem keinesfalls mit der verbliebenen Minderheitsregierung aus SPD und Grünen über eine mögliche Unterstützung bestimmter Gesetzesvorhaben sprechen, betonte Lindner. "Danach kann man sprechen über Vorhaben." Er nannte als Beispiel den von ihm noch mit ausgearbeiteten Gesetzentwurf zur Begrenzung der sogenannten Kalten Progression. Die Kalte Progression entsteht, wenn das Steuersystem nicht an die Teuerung angepasst wird. Steuerzahler können dann etwa bei Lohnerhöhungen in eine höhere Steuerklasse rutschen und am Ende eine geringere Kaufkraft haben als vorher.
Lindner drängte erneut auf einen baldigen Wahltermin. Der Bundeskanzler solle den Weg dafür frei machen. Damit liegt der FDP-Chef auf Linie mit der Union, die ebenfalls möglichst schnell neu wählen will. Auch aus den Reihen der Grünen mehren sich inzwischen Stimmen für einen zügige Neuwahl.
Wahllleiter warnt vor "Sofortismus"
Berlins Wahlleiter Stephan Bröchler sah einen zu frühen Termin für die anstehende Bundestagswahl skeptisch. "Ich warne vor jedem Sofortismus", sagte Bröchler ebenfalls im Bericht aus Berlin. Er verwies darauf, dass bei einer Wahl etwa am 19. Januar - wie von CDU-Chef Friedrich Merz gefordert - bereits Anfang Dezember die Briefwahl beginnen müsste. Es wäre schwierig, dies umzusetzen. Er würde sich einen Wahltermin im März wünschen. "Meine Bitte an die Politik ist, uns diese Zeit zu geben." Bröchler ist Mitglied der SPD, hat in der Partei aber weder Amt noch Funktion.
"Wir sind doch keine Bananenrepublik"
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein bekräftigte im Bericht aus Berlin hingegen die Forderung seiner CDU nach "Neuwahlen so schnell wie möglich". Es müsse in Deutschland schon möglich sein, innerhalb von 60 Tagen eine Bundestagswahl durchzuführen, sagte er mit Blick auf die Bedenken der Bundeswahlleiterin. "Wir sind doch keine Bananenrepublik. Wir können das."
Harte Worte richtete der CDU-Politiker an Olaf Scholz: "Der Bundeskanzler hat keine Mehrheit mehr. Der Bundeskanzler ist fertig mit seiner Politik. Und er ist gescheitert, auch an seinem Stil, diese Regierung zu führen." Es komme vielen so vor, also ob Scholz taktiere mit dem Wahltermin. "Diese Taktiererei ist doch abstoßend", so Rhein.
Hessens Ministerpräsident ist nach der Landtagswahl im Herbst 2023 eine Koalition mit der SPD eingegangen, nach zehn Jahren schwarz-grüner Koalition. Er sei daher auch - wie Lindner - Experte im Umgang mit SPD und Grünen. Er rate seiner Partei, vor der Wahl nicht über Koalitionen zu sprechen. Sondern dafür zu sorgen, so stark wie möglich abzuschneiden, um sich dann den Partner aussuchen zu können.