Auflösung des Bundestages Steinmeier entscheidet am 27. Dezember
Bundeskanzler Scholz hat die Vertrauensfrage im Bundestag verloren und will Neuwahlen. Darüber entscheidet aber der Bundespräsident - und zwar am 27. Dezember, wie Steinmeier nun mitteilte.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird am 27. Dezember seine Entscheidung über die Auflösung des Bundestags und die Ansetzung von Neuwahlen verkünden. Er habe in den vergangenen Tagen Gespräche mit den Vorsitzenden der Fraktionen und Gruppen im Bundestag geführt, um sich zu vergewissern, dass es keine Aussichten auf eine stabile parlamentarische Mehrheit für eine Bundesregierung mehr gibt, erklärte Steinmeier in Berlin.
Er fügte hinzu: "Ich beabsichtige, am 27. Dezember 2024 die Entscheidung über die Auflösung des Deutschen Bundestages gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes zu treffen." Der erste Absatz des Artikels 68 besagt, dass der Bundespräsident innerhalb von 21 Tagen den Bundestag auflösen kann, wenn ein Bundeskanzler bei der Vertrauensfrage keine Mehrheit bekommt.
"Unser Land braucht eine handlungsfähige Regierung"
Scholz hatte am 16. Dezember im Bundestag die Vertrauensfrage gestellt und die Abstimmung hierüber - wie gewünscht - verloren. Daraufhin schlug er dem Bundespräsidenten vor, den Bundestag aufzulösen und damit eine Neuwahl zu ermöglichen. Vorgesehen als Wahltermin ist von den Parteien bislang der 23. Februar.
Verpflichtet zur Auflösung des Parlaments ist das deutsche Staatsoberhaupt nach Artikel 68 des Grundgesetzes nicht. Steinmeier hatte aber bereits unmittelbar nach dem Bruch der Ampelkoalition zu erkennen gegeben, dass er gewillt ist, den Bundestag aufzulösen. Er erklärte, das Grundgesetz knüpfe diese Entscheidung an Voraussetzungen. "Aber unser Land braucht stabile Mehrheiten und eine handlungsfähige Regierung. Das wird mein Prüfungsmaßstab sein", sagte Steinmeier damals.
Eine solche stabile Mehrheit ist nach dem Ausscheiden der FDP aus der Bundesregierung nicht mehr vorhanden. Scholz steht an der Spitze einer rot-grünen Minderheitsregierung. Auch den Wahltermin am 23. Februar dürfte Steinmeier bestätigen. Er hat diesen bereits als "realistisch" bezeichnet.
Steinmeier: Keine Aussichten auf eine stabile Mehrheit
Der Vorgang, wonach Steinmeier laut seiner Mitteilung Gespräche mit den Vorsitzenden aller Fraktionen und Gruppen im Bundestag führte, "um mich zu vergewissern, dass es keine Aussichten auf eine stabile parlamentarische Mehrheit für eine Bundesregierung mehr gibt", dürfte einen rechtlichen Hintergedanken haben. Damit könnte der Bundespräsident seine anstehende Entscheidung bei einer möglichen Anfechtung vor dem Bundesverfassungsgericht rechtssicher machen.
Karlsruhe hatte sich schon 1983 und 2005 mit der damaligen Auflösung des Bundestages befassen müssen, nachdem Abgeordnete geklagt hatten. Im Urteil von 1983 hieß es, der Bundeskanzler solle das Verfahren nach Artikel 68 Grundgesetz nur anstrengen dürfen, wenn es politisch für ihn nicht mehr gewährleistet sei, mit den im Bundestag bestehenden Kräfteverhältnissen weiterzuregieren. "
Die politischen Kräfteverhältnisse im Bundestag müssen seine Handlungsfähigkeit so beeinträchtigen oder lähmen, dass er eine vom stetigen Vertrauen der Mehrheit getragene Politik nicht sinnvoll zu verfolgen vermag." In der aktuellen Situation trifft das zu. Bislang ist jedoch auch nicht absehbar, dass Abgeordnete den Gang vor das Bundesverfassungsgericht antreten wollen.