"Leopard" für Ukraine So wichtig, aber auch so spät
Die Ukraine bekommt nun also doch "Leopard"-Kampfpanzer - auch aus Deutschland. Eine wichtige Entscheidung des lange zögerlichen Kanzlers. Scholz hat aber eine wichtige Chance vertan.
Es ist eine Art "Panzerwende 2.0": Nachdem Olaf Scholz vor knapp drei Wochen die Lieferung des Schützenpanzers "Marder" an die Ukraine verkündete und damit eine neue Phase deutscher Waffenlieferungen einleitete, folgt dem "Marder" nun also auch der "Leopard". Der ersten "Panzerwende" lässt der "Zeitenwende-Kanzler" nun also die zweite folgen. Endlich.
Denn dass die Ukraine den modernsten Kampfpanzer der Welt dringend braucht, daran gibt es keinen Zweifel. Sämtliche Militärexperten sind sich einig: Schon jetzt stockt der Versuch, Gebiete zurückzugewinnen. Und Russland rüstet sich im Frühjahr - verstärkt von rund 200.000 Rekruten - für die nächste massive Offensive.
Wie drückte es unlängst ein österreichischer Oberst aus? "Marder" ohne "Leopard" - das wäre wie die Lieferung von "Nägeln ohne Hammer". Nun also macht der Kanzler "Nägel mit Köpfen" beziehungsweise "Nägel mit Hammer". Wenn auch spät.
Wertvolle Zeit ist verstrichen
Denn so sehr sich Scholz nun dafür rühmen mag, den Alleingang vermieden und eine internationale Kampfpanzer-Koalition geschmiedet zu haben - er hat wertvolle Zeit und eine dicke Chance verstreichen lassen: Zeit, weil die Ukraine genau die in ihrem Abwehrkampf nicht hat und den "Leopard" schon im Spätsommer gebraucht hätte. Und weil es eben nicht so ist, dass erst seit ein paar Tagen über den Kampfpanzer laut nachgedacht wird - der erste ukrainische Antrag stammt vom März vergangenen Jahres.
Und was die verpasste Chance angeht: Bereits seit September liegt der durchaus sachdienliche Vorschlag auf dem Tisch, eine europäische Allianz sämtlicher 13 Staaten zu formen, die über den "Leopard" verfügen.
Auf diese Weise hätte Deutschland eine dreifache Win-Situation erzeugen können: Man hätte der Ukraine geholfen, Berlin hätte seinen immer wieder vorgebrachten Führungsanspruch unterfüttert und auf diese Weise auch noch die USA erfreut, die seit Jahren händeringend darauf warten, dass Deutschland und die Europäer ausnahmsweise einmal selber voranschreiten und nicht ständig darauf warten, dass die Amerikaner ihnen beim Erledigen ihrer militär-strategischen Hausaufgaben helfen.
Irritationen bei Bündnispartnern
Mit ihrem Zögern aber hat die Bundesregierung nun die osteuropäischen Bündnispartner irritiert und zuletzt auch noch den transatlantischen Partner verärgert. Indem sie auf die parallele Lieferung des US-Modells "Abrams" bestand - einer klobigeren, komplizierteren, nicht ohne weiteres mit Diesel betankbaren Kampfpanzer-Variante - worauf US-Präsident Joe Biden gerne verzichtet hätte.
Wenn der Bundeskanzler aber darauf beharrt, dass er bewusst und aus guten Gründen abtastend und behutsam vorgeht, sich "nicht treiben lässt", wie er im Bundestag sagte, so ist es ihm nicht gelungen, diese Gründe auch zu kommunizieren. Er beließ es stattdessen bei der bei sparsamen Ansage, man solle ihm da einfach vertrauen.
Im Interesse Berlins wie Kiews
Denn es ist doch schwer zu leugnen: Russlands Präsident Wladimir Putin wird sich erst dann an den Verhandlungstisch begeben, wenn er militärisch kein Stück mehr weiter kommt. Das werden die "Leopard"-Panzer nicht im Alleingang bewirken. Aber einen Beitrag dazu leisten können sie doch.
Die Scholzsche '"Panzerwende 2.0" ist also - auch ohne dass damit zwingend eine Wende in diesem Krieg einhergeht - im Interesse Berlins wie Kiews gleichermaßen. Und was die in ihrer Existenz bedrohte Ukraine betrifft, gilt ohnehin: Derzeit sind dort fast alle Waffen Defensivwaffen - auch ein Kampfpanzer wie der "Leopard 2".