Olaf Scholz bei der Regierungsbefragung im Bundestag
liveblog

Krieg gegen die Ukraine ++ Scholz gegen deutsche Truppen in der Ukraine ++

Stand: 04.12.2024 16:24 Uhr

Kanzler Scholz hat die Entsendung deutscher Bodentruppen in die Ukraine vorerst ausgeschlossen. Nach Einschätzung der NATO unterstützt Russland Nordkoreas Atomprogramm im Gegenzug für Truppen in der Ukraine. Die Entwicklungen im Liveblog.

Die Bundesregierung will die deutsche Rüstungsindustrie stärken und auf die neuen Herausforderungen seit Beginn des Ukraine-Kriegs einstellen. Das Kabinett beschloss dafür die neue Nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie. Diese ersetzt ein Strategiepapier aus dem Jahr 2020 und berücksichtigt auch die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine. Sie soll als Leitbild der Bundesregierung dienen.

Der neuen Strategie zufolge muss Deutschland "schnellstmöglich wehrhaft" werden. Das Wort "kriegstüchtig", wie es Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zuletzt mehrfach verwendete, findet sich in dem Papier nicht.

Eine zentrale Rolle soll den in Deutschland ansässigen Unternehmen zukommen, die "einen wesentlichen Teil ihres Umsatzes in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie erwirtschaften", heißt es in dem Papier. Als sogenannte Schlüsselfelder werden unter anderem IT- und Kommunikationstechnologie, Künstliche Intelligenz, Munition, Marineschiffbau, Panzer und Flugsysteme genannt.

Bundeskanzler Olaf Scholz schließt die Entsendung deutscher Bodentruppen in die Ukraine zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus. Dies komme "nicht in Betracht", sagte Scholz bei der Regierungsbefragung im Deutschen Bundestag. Darin sei er sich mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsminister Boris Pistorius einig.

Baerbock habe dies in einer Aussage vom Dienstag auch nicht anders angedeutet. Die Ministerin sei gefragt worden, ob eine Entsendung deutscher Truppen nach einem Waffenstillstand in der Ukraine möglich wäre, führte Scholz aus. Auf diese hypothetische Frage habe Baerbock versucht, "eine diplomatische Antwort zu geben", sagt Scholz.

Ein russisches Gericht hat einen Mann auf der von Moskau annektierten Halbinsel Krim beschuldigt, für die Ukraine spioniert zu haben und ihn wegen Hochverrats zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Das Gericht habe festgestellt, dass der Mann einem Vertreter des ukrainischen Geheimdienstes seine Zusammenarbeit angeboten habe, teilte die von Moskau geleitete Staatsanwaltschafth im Onlinedienst Telegram mit. "Er wurde des Hochverrats für schuldig befunden und zu 15 Jahren Haft verurteilt", hieß es.

Den Angaben zufolge hatte der 45-Jährige im September des vergangenen Jahres die Standorte russischer Luftverteidigungseinheiten in der Stadt Kertsch im Osten der Krim an den Geheimdienst der Ukraine weitergegeben. Die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete, dass der Verurteilte vor seiner Festnahme für die Eisenbahn gearbeitet habe. Der Fall wurde hinter verschlossenen Türen verhandelt.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat dazu aufgerufen, mit der Ukraine über Wege zu einem Ende des von Russland begonnenen Angriffskrieges zu sprechen. Sein Ziel sei, "Konzepte mit der Ukraine zu entwickeln, wie der Krieg doch irgendwann enden kann", sagte Scholz in der Regierungsbefragung im Bundestag. Entscheidend seien für ihn dabei die Überlegungen der Ukraine selbst - und "dass nicht über die Köpfe der Ukraine hinweg Entscheidungen getroffen werden".

Es sei wichtig, "genau jetzt vor diesem Winter" sich darüber auszutauschen, "was sind die Pläne, die die Ukraine hat", sagte der Kanzler. Scholz erneuerte das Versprechen deutscher Unterstützung für das von Russland überfallene Land. Er verwies auf die massive deutsche Waffenhilfe im Gesamtumfang von bisher etwa 28 Milliarden Euro als "ein großes Zeichen der Solidarität".

Er werde "weiterhin alles dafür tun, dass es nicht zu einer weiteren Eskalation kommt", insbesondere nicht zum Krieg zwischen der NATO und Russland. Daher werde die Bundesregierung auch nicht erlauben, "mit den gefährlichen Waffen", die von Deutschland geliefert wurden, "weit in das russische Hinterland hineinzuschießen" und dies gelte auch für seine Haltung zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern, die Scholz der Ukraine bislang verweigert.

Die NATO hat Russland Unterstützung für das nordkoreanische Atomprogramm vorgeworfen. "Im Gegenzug für Truppen und Waffen unterstützt Russland Nordkorea bei seinen Raketen- und Nuklearprogrammen", sagte NATO-Generalsekretär Mark Rutte nach einem zweitägigen Außenministertreffen der Allianz in Brüssel. Moskau verstoße damit gegen UN-Sanktionen.

Die Entwicklung könnte nach Ruttes Worten die koreanische Halbinsel destabilisieren und sogar die USA bedrohen. Die Außenminister der 32 NATO-Länder verurteilten die Militär-Kooperation zwischen Russland und Nordkorea nach Ruttes Worten scharf. Es bestehe das Risiko, dass das Regime in Pjöngjang die Raketen gegen regionale Partner wie Südkorea und Japan richte, gegen Europa und sogar gegen die Vereinigten Staaten, warnte der Niederländer. Die NATO hatte bereits vor Wochen den Einsatz nordkoreanischer Soldaten an der russischen Grenze zur Ukraine bestätigt

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wollen die Außenminister der NATO-Staaten zum Abschluss ihres Treffens in Brüssel über die Abwehr von Sabotageakten und Cyberangriffen aus Ländern wie Russland und China beraten.

Auch die NATO-Strategie zur Abwehr sogenannter hybrider Bedrohungen soll überarbeitet werden. Dazu zählen laut NATO-Generalsekretär Rutte Hackerangriffe und Erpressung mit russischen Öl- und Erdgaslieferungen. Ziel sei unter anderem ein stärkerer Austausch von Geheimdienstinformationen und der bessere Schutz kritischer Infrastruktur.

Tschechien wirft Russland vor, für eine Vielzahl verdeckter Maßnahmen in Europa dieses Jahr verantwortlich zu sein. Russland könnten bis zu 100 "verdächtige Vorfälle" zugeschrieben werden, sagt der tschechische Außenministers Jan Lipavsky im Vorfeld des heutigen NATO-Außenminister-Treffens in Brüssel.

"Dieses Jahr gab es in Europa 500 verdächtige Vorfälle. Bis zu 100 davon können russischen Hybridangriffen, Spionage- und Einflussoperationen zugeschrieben werden", sagt der Politiker. "Wir müssen Moskau ein starkes Signal senden, dass dies nicht toleriert wird."

Die NATO-Mitglieder sind sich nach einem gestrigen Treffen in Brüssel mit dem ukrainischen Außenminister Andrij Sybiha einig, dass die Bereitstellung von Flugabwehrsystemen zum Schutz der ukrainischen Infrastruktur gegen russische Angriffe Priorität haben muss, sagte Allianz-Generalsekretär Mark Rutte am Morgen vor Reportern. "Gestern Abend herrschte am Tisch eine klare Einigkeit darüber, dass die Unterstützung der Ukraine, insbesondere ihrer Infrastruktur, Priorität haben muss.“ Er sei zuversichtlich, dass die Verbündeten in den kommenden Tagen und Wochen dafür sorgen werden, dass alles, was sie der Ukraine liefern können, auch geliefert werde.

Zuvor hatte Sybiha bei dem Treffen um weitere Flugabwehrsysteme vom Typ "Hawk", "NASAMS" und "Iris-T" zum Schutz der ukrainischen Energieversorgung gebeten.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow zufolge gibt es noch keine Grundlage für Verhandlungen über die Beendigung des Krieges in der Ukraine. Das sagte Peskow der Zeitung Iswestija in einer Stellungnahme zu Äußerungen über mögliche Friedensgespräche, die seit dem Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen im November immer häufiger geführt werden.

"Viele Länder haben ihre Bereitschaft erklärt, ihr Territorium (für Verhandlungen) zur Verfügung zu stellen. Und wir sind allen Ländern für diesen guten Willen dankbar, auch Katar." Katar hat seit Beginn des Krieges mehrere Rückführungen verschleppter ukrainischer Kindern von Russland in die Ukraine vermittelt.

Karte der Ukraine und Russlands, hell schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Karte der Ukraine und Russlands, hell schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ruft zu einer umfassenden Verstärkung der Stellungen in der Ostukraine auf. "Die Stellungen um Donezk benötigen erhebliche Verstärkung. Dazu gehört insbesondere die Lieferung von Waffen durch unsere Partner", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Je größer die Feuerkraft und die technologischen Fähigkeiten seiner Armee seien, desto mehr könne man das russische Offensivpotenzial zerstören und das Leben ukrainischer Soldaten schützen, erklärte er weiter. Der Schlüssel dazu seien mehr Langstreckenwaffen und die Steigerung der inländischen Waffenproduktion.

Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Kremlchef Wladimir Putin nicht von Anfang als dreisten Lügner wahrgenommen. Das sagte sie der englischen Übersetzung zufolge in einem von der Journalistin Christiane Amanpour geführten Interview beim Sender CNN. Zu Beginn ihrer Zeit als Bundeskanzlerin habe Putin nicht schamlos gelogen, sagte Merkel. Amanpour hatte die frühere CDU-Chefin gefragt, wie man mit einem Lügner wie Putin verhandeln könne.

Mit Blick auf die Annexion der ukrainischen Krim-Halbinsel durch Russland sagte Merkel, dass Putin später gestanden habe, dass er diesbezüglich gelogen habe. Dies sei ein Wendepunkt in ihrem Verhältnis mit dem russischen Präsidenten gewesen, so die Ex-Kanzlerin. Von da an habe sie gewusst, dass sie im Umgang mit Putin vorsichtig sein müsse. Putin frage nicht, was die Ukraine wolle. Sie wolle aber, dass die Ukraine irgendwann über ihr eigenes Schicksal bestimme, betonte Merkel weiter.

Dem Leiter der Stadtverwaltung im russischen Noworossijsk zufolge haben Russlands Flugabwehreinheiten einen ukrainischen Drohnenangriff auf die Stadt abgewehrt. "Die Luftabwehr ist in Noworossijsk im Einsatz", schrieb Andrej Krawtschenko in seinem Telegram-Kanal. Alle Rettungsdienste seien in Alarmbereitschaft versetzt worden. Noworossijsk liegt direkt am Schwarzen Meer, und der Hafen der Stadt ist einer der wichtigsten für den Export von Öl.

Vor dem Amtsantritt des designierten US-Präsidenten Donald Trump am 20. Januar kann die Ukraine nicht mit einer NATO-Beitrittseinladung rechnen. NATO-Generalsekretär Mark Rutte sagte, für die Allianz gehe es aktuell um "mehr Militärhilfe und weniger um Diskussionen darüber, wie ein Friedensprozess aussieht". Die Ukraine müsse vor möglichen Verhandlungen mit Russland in eine "Position der Stärke" gebracht werden. Rutte hatte Trump vor etwa zehn Tagen in Florida getroffen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bezeichnete eine NATO-Mitgliedschaft hingegen als ein mögliches Element eines Friedens. Die Ukraine brauche "Sicherheitsgarantien, die auch wirklich tragen", betonte die Grünen-Politikerin in Brüssel. "Diesen Frieden können wir als Europäer nur gemeinsam schützen", sagte Baerbock zudem zu Überlegungen für eine internationale Truppenpräsenz zur Absicherung eines Waffenstillstands. Bisher verweigere aber der russische Präsident Wladimir Putin den Weg zum Frieden, indem er "ohne Grund jeden Tag weiter bombt".

Der ukrainische Außenminister ruft die Verbündeten zur Lieferung weiterer Militärhilfe auf. NATO-Generalsekretär Rutte sieht bei Russland kein Interesse an einer Beendigung des Krieges. Die Entwicklungen vom Dienstag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 20. November 2024 um 23:23 Uhr.