Lebensdauer von Elektrogeräten Bonus für die Reparatur
Die Europäische Union will dafür sorgen, dass mehr Elektrogeräte repariert anstatt neu gekauft werden. Österreich führt als erster EU-Staat einen landesweiten Zuschuss für Reparaturkosten ein.
"Repariert statt ausrangiert" - ein zweites Leben für defekte Elektrogeräte. Das ist der Grundgedanke hinter dem EU-weiten Reparaturbonus. Egal ob es sich um ein Handy, einen Rasierapparat oder eine Waschmaschine handelt: Für die Reparatur gibt es jetzt in Österreich für Privatpersonen einen Zuschuss von der EU. Das Programm umfasst alle Elektrogeräte im Haushalt, vom Wasserkocher über die Kaffeemaschine bis zum E-Piano. Übernommen wird die Hälfte der Reparaturkosten, maximal 200 Euro pro Gerät.
Auch Hochwertiges landet auf dem Müll
"Wir produzieren jedes Jahr enorme Mengen an Elektroschrott und belasten dabei die Umwelt", sagte die zuständige österreichische Klimaschutzministerin Leonore Gewessler von den Grünen. Ein nagelneues Gerät sei oft nur einen Klick entfernt, Reparaturen hätten hingegen den Ruf, teuer und umständlich zu sein. So landeten oft hochwertige Geräte auf dem Müll, und das sei "die schlechteste aller Lösungen". Mit dem Bonus solle es deshalb attraktiver werden, ein kaputtes Gerät reparieren zu lassen, anstatt ein neues anzuschaffen.
Das Programm ist mit einem Volumen von 130 Millionen Euro ausgestattet und soll bis 2026 laufen. Die Mittel dazu stammen aus dem Wiederaufbaufonds der EU. Der Reparaturbonus sei das Ergebnis europäischer Zusammenarbeit, und es sei "ein stolzer Moment, wenn in Europa etwas gelingt, wenn wir es gemeinsam machen", sagte der EU-Kommissionsvertreter in Wien, Martin Selmayr. Mit dem Wiederaufbaufonds der EU sollen Reformen finanziert und Investitionen getätigt werden, die Europa nach der Coronakrise "widerstandsfähiger, ökologischer und digitaler" machen, so Selmayr. Österreich sei dabei das erste EU-Land, das einen Reparaturbonus flächendeckend einführe. In Deutschland gibt es bislang lediglich regionale Projekte in Bayern und in Thüringen. Ein Datum für eine bundesweite Umsetzung ist derzeit noch offen.
Noch fehlen Partnerbetriebe
Der Reparaturbon kann von in Österreich gemeldeten Personen im Internet heruntergeladen und bei einem der teilnehmenden Betriebe eingelöst werden. Sobald ein Bon eingelöst wurde, kann ein weiterer für ein anderes Gerät abgerufen werden, die Anzahl ist dabei nicht begrenzt. Von dem Bonus abgedeckt sind die Arbeitszeit inklusive Anfahrtskosten, Materialkosten, die Versandkosten bei Material- und Ersatzteilbestellungen und auch die Arbeitszeit für Erstellung des Kostenvoranschlages.
Der Andrang hält sich beispielsweise in der Hauptstadt Wien allerdings noch in Grenzen. Hier gibt es eine regionale Abwandlung des Reparaturbonus nämlich schon seit September 2020. Hauptproblem: Die Wartezeit für die Ausführung der Reparatur. Nur in bestimmten Partnerbetrieben, die sich zuvor auch dafür registriert haben, kann der Reparaturbonus eingelöst werden. Österreichweit sind das zwar mehr als 1200 Unternehmen. In Wien aber gibt es für die Reparaturannahme eines Rasierapparates mit Reparaturbonus nur eine Handvoll Firmen, meist aus dem Bereich der sozialen Dienstleister, die von Sozial- oder Umweltverbänden gegründete wurden oder diesen nahe stehen.
Doch die Anzahl der teilnehmenden Betriebe soll durch gezieltes Anschreiben und Werbemaßnahmen der Wirtschaftskammern nun Stück für Stück gesteigert werden. In Wien wurden nach Angaben der Stadtverwaltung seit 2020 mehr als 35.000 Gegenstände repariert und dadurch rund 850 Tonnen CO2 sowie rund 355 Tonnen Abfälle vermieden.
CO2-Einsparung durch längere Lebensdauer
Die Umweltschutzorganisation Global 2000 begrüßt die Initiative, fordert jedoch gleichzeitig eine Ausweitung der Förderung auf alle Produktgruppen und steuerliche Vorteile für Reparaturen. Nur durch die Vermeidung von Neukäufen sei "der Übergang zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft" zu schaffen, so die für Ressourcen zuständige Sprecherin Anna Leitner von Global 2000 in Österreich. Die verlängerte Nutzungsdauer von Gegenständen trage nicht nur zum Umweltschutz bei; der Reparaturbon stärke regionale Wirtschaftskreisläufe, hebe die Wertschöpfung, sichere Arbeitsplätze und fördere das Bewusstsein für einen ressourcenschonenden Lebensstil.
Nach Angaben von Global 2000 rechnet sich beispielsweise bei einer alten Waschmaschine, selbst unter Berücksichtigung des geringeren Energieverbrauchs eines neuen Gerätes, der Ersatz aus ökologischen Gesichtspunkten frühestens nach 17 bis 23 Jahren. Würde man die Lebensdauer aller Waschmaschinen, Notebooks, Staubsauger und Smartphones im EU-Raum um nur ein einziges Jahr verlängern, könnten rund vier Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Das wäre dieselbe Einsparung, die man erreichen würde, wenn plötzlich zwei Millionen Autos weniger auf den Straßen unterwegs wären.