Fehlende Mittel UN kürzen Hilfen für Afghanistan
Wegen fehlender Finanzmittel kann das UN-Welternährungsprogramm in Afghanistan mittlerweile zehn Millionen Menschen nicht mehr versorgen. Die Lebensmittelhilfe für weitere zwei Millionen Menschen müsse noch in diesem Monat eingestellt werden, hieß es.
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) warnt vor einer dramatischen Verschärfung der humanitären Lage in Afghanistan. Aufgrund fehlender Mittel könne die UN-Organisation mittlerweile zehn Millionen Menschen mit ihrem Hilfsprogramm nicht mehr erreichen, hieß es in einer Mitteilung. "Mit den wenigen Mitteln, die uns noch zur Verfügung stehen, sind wir nicht in der Lage, all den Menschen zu helfen, die am Rande völliger Armut stehen", sagte WFP-Landesdirektorin Hsiao-Wei Lee.
Bereits im April habe sich die Organisation gezwungen gesehen, bis zu acht Millionen Menschen von ihrer Ernährungshilfe auszuschließen. Nun kämen durch Kürzungen der Fördermittel weitere zwei Millionen Menschen hinzu. Wegen der massiven Finanzierungsengpässe könnten in den kommenden Monaten lediglich drei Millionen Afghaninnen und Afghanen unterstützt werden.
Frauen und Kinder leiden am stärksten
Damit sei auch ein starker Anstieg von mangelernährten Kindern zu befürchten. "Es bleibt nur noch ein kleines Zeitfenster, um eine Katastrophe in Afghanistan abzuwenden, aber uns läuft die Zeit davon", sagte Lee. Vor allem Frauen und Kinder würden unter den Auswirkungen von 40 Jahren Konflikt, der Taliban-Herrschaft, einer lahmgelegten Wirtschaft und einer sich verschlimmernden Klimakrise leiden.
Nach UN-Angaben haben in dem Land fast 23 Millionen Menschen nicht genug zu essen, mehr als die Hälfte der Bevölkerung. In Afghanistan leben geschätzt 37 Millionen Menschen. Das WFP sei gezwungen, zwischen den Hungernden und den Verhungernden zu wählen, sagte Lee.
WFP benötigt fast eine Milliarde Dollar
Das Welternährungsprogramm benötigt nach eigenen Angaben für die kommenden sechs Monate eine Milliarde US-Dollar (etwa 927 Millionen Euro) für Afghanistan. Mit dem anstehenden Winter droht eine Verschärfung der Not. Auch in anderen Länder musste das WFP wegen ausbleibender Gelder Hilfsprogramme reduzieren.
Deutschland war in den vergangenen Jahren der zweitgrößte Geber für die humanitäre Hilfe in Afghanistan nach den USA. Allerdings ist für die Nothilfe für dieses Jahr laut WFP ein Beitrag von lediglich fünf Millionen Euro bestätigt. Das für die Finanzierung der humanitären Hilfe zuständige Auswärtige Amt ließ eine Bitte um Stellungnahme unbeantwortet. 2022 beteiligte sich Deutschland nach WFP-Angaben mit 122 Millionen Euro an der Afghanistan-Nothilfe, 2021 mit knapp 98 Millionen.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung teilte auf Anfrage der Nachrichtenagentur epd mit, es habe seit Herbst 2021 insgesamt 371 Millionen Euro zur Verbesserung der Lebensgrundlage der Menschen in Afghanistan zur Verfügung gestellt.