Beschluss der UN-Klimakonferenz Wenn die Realität nicht mehr hergibt
Der Applaus für den Beschluss der Klimakonferenz in Baku war lang, aber der Schein trügt: Die vereinbarten Zusagen seien alles andere als ein großer Wurf, monieren Kritiker. Doch mehr war nicht drin.
Erst stundenlanges Nachsitzen, dann warten bis tief in die Nacht, bis plötzlich - um kurz vor 3 Uhr nachts in Baku - alles ganz schnell geht. In nur wenigen Sekunden lässt der aserbaidschanische Konferenzleiter Muchtar Babajev den Hammer in seiner Hand nach unten schnellen.
Mindestens 300 Milliarden US-Dollar jährlich sollen Industrienationen ab 2026 an Entwicklungsländer zahlen. Damit sollen diese Klimaschutz und -anpassung umsetzen können - so der Beschluss der Weltklimakonferenz (COP) von Baku. Das Publikum applaudiert im Stehen, doch der erste Schein trügt.
Entrüstung bei einigen Teilnehmern
Nur kurz nach dem Hammerschlag melden sich mehrere Delegierte im Plenum zu Wort. Allen voran Indien: "Wir sind absolut gegen diese unfaire Art der Beschlussannahme", ruft die Vertreterin. Die Zusagen seien viel zu gering.
Formal angenommen gilt der Beschluss für das neue globale Finanzziel trotz der Kritik sobald der Hammer fällt, das ist der Prozess einer UN-Klimakonferenz, erklärt Martin Kaiser von der Umweltorganisation Greenpeace. "Das kam ja schon häufiger vor, dass einzelne Staaten den Beschluss abgelehnt haben. Der Beschluss insgesamt war dann trotzdem rechtskräftig." Als Erfolg werde diese COP nicht in die Geschichte eingehen, sagt David Ryfisch von der Entwicklungsorganisation Germanwatch. Aber: "Die harte geopolitische Realität hat es nicht zugelassen, dass wir mehr erreichen konnten."
Klimaabgaben auf Schiff- und Luftfahrt?
Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte nach der Einigung am frühen Morgen: "Wir haben selber deutlich gemacht, dass es mehr braucht, aber die Welt besteht nicht aus dem was man sich wünscht, sondern dem, was man wirklich bereitstellen kann."
Neben der Summe von mindestens 300 Milliarden US-Dollar jährlich hat auch die Hauptforderung der Entwicklungsländer Einzug in den Text gefunden: Demnach sind alle Länder aufgefordert, 1,3 Billionen US-Dollar jährlich an Entwicklungsländer fließen zu lassen. Doch wie diese dann genau zusammenkommen, soll nun die Aufgabe der nächsten Klimakonferenz in Belem in Brasilien werden.
Schon jetzt sei das internationale Finanzsystem unter der Lupe - und das zurecht, sagt Ryfisch von Germanwatch. Denn öffentliche Haushaltsgelder sowie private Investitionen reichten nicht. Weiter gehe es um "Abgaben und Steuern auf Schifffahrt und Luftfahrt - also solche Sektoren, die erheblich zur Klimakrise beitragen, aber dafür noch nichts zahlen."
Betroffene Länder fordern mehr Mitsprache
Die aserbaidschanische Konferenzleitung hat die harten Verhandlungen ums Geld nicht beflügelt. Ganz im Gegenteil: Verhandelt wurde viel zu spät und teils unter Ausschluss der von der Klimakrise am meisten betroffenen Länder.
"Es wäre besser gewesen, uns früher zusammenzubringen und uns mehr Raum zu geben, um miteinander zu verhandeln", erklärt der Delegierte Panamas, Juan Carlos Monterey Gomez. Für ihn waren es letztlich die besonderen sprachlichen "Brücken" in dem nun sechsseitigen Dokument, mit dem Entwicklungsländer wie Panama nach langem Ringen dann trotzdem leben konnten.
Die vergleichsweise niedrige Einstiegssumme könne aber zum Problem für den Klimaschutz im eigenen Land werden, räumt Montereygomez ein. "Das wird definitiv nicht ausreichen. Und die Entwicklungsländer müssen etwas kreativer sein, wenn es darum geht, wie sie das Geld nutzen können, um die Ambitionen ihrer Klimaziele zu steigern."
Auch darum wird es im nächsten Jahr auf der Weltklimakonfernz in Brasilien gehen: Wie gut sind die von den Ländern bis dahin vorgelegten Klimaschutzpläne? Und dann wird auch das Geld wieder eine Rolle spielen. Denn Klimaschutz kostet eben.