Unruhen in Frankreich Ermittlungen zum Tod eines 27-Jährigen in Marseille
In der französischen Hafenstadt Marseille ist möglicherweise ein Mann durch ein Gummigeschoss der Polizei ums Leben gekommen. Staatspräsident Macron erwägt, wegen der Unruhen soziale Medien zu beschränken.
Während nächtlicher Ausschreitungen am Wochenende in Marseille ist ein junger Mann möglicherweise durch einen Schuss der Polizei mit einem Gummigeschoss gestorben. Der 27-Jährige sei in der Nacht zum Sonntag vermutlich infolge eines "heftigen Schlags im Brustbereich" gestorben, der von einem "Projektil vom Typ Gummigeschoss" verursacht worden sei, sagte die Staatsanwaltschaft der südfranzösischen Hafenstadt Marseille der Nachrichtenagentur AFP.
Der Aufprall des Geschosses habe ersten Erkenntnissen zufolge zum Herzstillstand geführt. Zu dem Zeitpunkt sei die Gegend von "Krawallen und Plünderungen" erschüttert worden, erklärte die Staatsanwaltschaft weiter. Es sei aber unklar, ob der Mann an ihnen teilgenommen habe.
Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen zu den Umständen ein, Kriminalpolizei und die Polizei-Aufsichtsbehörde seien eingeschaltet.
16 Festnahmen in der Nacht zu Mittwoch
Die Unruhen ebben seit dem Wochenende weiter ab. Laut dem Innenministerium gab es in der Nacht zu Mittwoch landesweit 16 Festnahmen. Wie die Zeitung "Le Parisien" unter Bezug auf weitere Angaben des Ministeriums berichtete, wurden landesweit 78 Autos in Brand gesetzt und an acht Gebäuden Feuer gelegt. Polizeiwachen blieben von Angriffen von Randalierern verschont.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zieht derweil als Maßnahme gegen weitere Unruhen auch eine Blockade von sozialen Medien in Betracht. Man müsse über die Nutzung sozialer Netzwerke durch die protestierenden Jugendlichen und mögliche Verbote nachdenken, sagte Macron bei einem Treffen mit Bürgermeistern am Dienstag in Paris, berichtete der Sender BFMTV. "Denn wenn es zu einem Instrument für Versammlungen oder für den Versuch zu töten wird, ist es ein echtes Thema", so Macron.
Bereits am Freitag hatte der Präsident auch soziale Netzwerke für die Gewalteskalation bei den Protesten gegen Polizeigewalt verantwortlich gemacht. Dort seien gewalttätige Versammlungen organisiert worden.
Polizeipräsenz soll beibehalten werden
Macron kündigte an, dass die massive Polizeipräsenz zunächst aufrechterhalten werden solle, da sie abschreckend wirke. Wenn dies nicht ausreiche, sollten die Sicherheitskräfte "offensiv" vorgehen.
Macron will zudem mit schnellen Verfahren Hilfen für Städte mit ausgebrannten Schulen und Schäden an der öffentlichen Infrastruktur ermöglichen. Der Sommerschlussverkauf wurde um eine Woche verlängert, damit Händler während der Krawalle ausgebliebenen Umsatz nachholen können.
Grenzkontrollen gegen Böllereinfuhr aus Belgien
Unterdessen wurden in Nordfrankreich die Kontrollen an der Grenze zu Belgien verstärkt, um die Einfuhr von Feuerwerkskörpern zu stoppen, berichtete die Zeitung "Le Parisien" am Dienstagabend unter Verweis auf die Präfektur. Verhindert werden solle, dass sich die Krawallmacher mit Nachschub an Böllern eindecken.
Beiderseits der Grenze seien bereits Menschen mit Pyrotechnik gestoppt worden. Die Präfektur in Nordfrankreich ordnete bis Mitte Juli ein Verbot des Verkaufs und Mitführens von Feuerwerk sowie in Kanistern abgefüllten Benzins an.
Seit dem Tod des 17-jährigen Nahel durch einen Schuss eines Polizisten bei einer Verkehrskontrolle am Dienstag vergangener Woche wurde Frankreich von schweren Krawallen erschüttert.
Wiederholt kam es zu Plünderungen, Brandanschlägen und gewaltsamen Konfrontationen zwischen Polizisten und Randalierern. Außer in Paris waren die Ausschreitungen in Marseille besonders heftig. Landesweit waren unter anderem etwa 1100 Gebäude, darunter viele Rathäuser, und mehr als 200 Polizeiwachen beschädigt worden.
Gegen den Beamten, der den Schuss auf den Jugendlichen abgab, wird wegen Totschlagverdachts ermittelt.