Landtagswahl in Brandenburg Zwei überaus selbstbewusste Parteien
Wie schon in Sachsen und Thüringen können AfD und BSW bei der Landtagswahl in Brandenburg am Sonntag mit guten Ergebnissen rechnen. Die Parteien strotzen vor Selbstbewusstsein.
Hans-Christoph Berndt blickt überaus selbstbewusst auf den Wahlabend. "Wir wollen stärkste Kraft werden und damit die Amtszeit von Dietmar Woidke beenden. Und wenn es perfekt läuft, wird das die Ampel auch nicht überstehen", sagt der AfD-Spitzenkandidat in Brandenburg. Kleiner macht es die AfD in diesen Tagen nicht: In dem kleinen Bundesland mit rund 2,5 Millionen Einwohnern wird über die Bundesregierung entschieden.
"Der Osten ist blau", sagt man in der AfD gerne - angelehnt an die Parteifarbe. Beim Bundesparteitag Ende Juni in Essen hatte der Co-Parteivorsitzende Tino Chrupalla dementsprechend ein ehrgeiziges Ziel ausgegeben: "Wir werden in Sachsen, Thüringen und Brandenburg die Regierung stellen und das Land vom Kopf wieder auf die Füße stellen." So der Plan.
Keine Regierungsbeteiligung in Sicht
In Thüringen schaffte es die AfD am 1. September mit Spitzenkandidat Björn Höcke tatsächlich auf Platz 1, erstmals überhaupt bei einer Landtagswahl. In Chrupallas Heimat Sachsen reichte es allerdings nur zu Platz 2, knapp hinter der CDU von Ministerpräsident Kretschmer. Eine kleine Enttäuschung für die AfD-Spitze.
Eine Regierungsbeteiligung ist weder in Erfurt noch in Dresden in Sicht, denn keine Partei möchte mit der AfD über eine Zusammenarbeit sprechen. Die Brandmauer steht - übrigens auch in Potsdam.
Bei der Brandenburg-Wahl 2019 holte die AfD 23,5 Prozent der Stimmen und landete auf Platz 2 hinter der SPD, die im Land seit 1990 ununterbrochen den Ministerpräsidenten stellt. Amtsinhaber Dietmar Woidke hat seinen Rückzug angekündigt, sollte die AfD am Wahlabend vor ihm liegen.
Meinungsforscher sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen beiden Parteien voraus. In der ARD-Vorwahlumfrage lag die AfD bei 27 Prozent - das wäre ein Rekordergebnis in Brandenburg. Die Sozialdemokraten liegen knapp dahinter.
Als "gesichert rechtsextrem" eingestuft
AfD-Spitzenkandidat Berndt wird vom Landesamt für Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextrem" eingestuft, der Landesverband gilt als rechtsextremer Verdachtsfall. Der 68-Jährige ist seit Oktober 2020 Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag.
Im Land ist der promovierte ehemalige Labormediziner weder besonders bekannt noch beliebt. Bei der Frage, wer nächster Ministerpräsident werden sollte, liegt er mit 9 Prozent meilenweit hinter SPD-Mann Woidke mit 50 Prozent. Im Wahlkampf setzte die brandenburgische AfD deshalb auf Zugpferde aus Berlin, zum Beispiel auf Co-Parteichefin Alice Weidel.
Nutzt die Diskussion über Brandmauern der AfD?
Obwohl auch in Potsdam keine Partei mit der AfD über eine Zusammenarbeit reden möchte, will Berndt nach der Wahl allen anderen im Landtag vertretenen Parteien Gespräche anbieten - sogar den Grünen, dem Hauptziel von Attacken auf AfD-Wahlkampfveranstaltungen. Da dürfe es "keine Brandmauern geben", so Berndt.
Hinter vorgehaltener Hand machen Parteifunktionäre keinen Hehl daraus, dass die Diskussion über Brandmauern ihrer Partei nutzt. Wenn es mit der Regierungsbeteiligung dieses Mal nicht klappt, dann eben 2029 bei der nächsten Landtagswahl, heißt es.
Das BSW erwartet ein zweistelliges Ergebnis
Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) blickt mit Vorfreude auf den Sonntag. Nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen dürfte die erst im Januar 2024 gegründete Partei auch in Brandenburg aus dem Stand in den Landtag einziehen. Meinungsumfragen sagen dem BSW ein deutlich zweistelliges Ergebnis voraus - so wie bereits in Dresden und Erfurt.
Im Wahlkampf hat das BSW voll auf seine Gründerin und Namensgeberin Sahra Wagenknecht gesetzt. Spitzenkandidat Robert Crumbach, ein Arbeitsrichter und früheres SPD-Mitglied, spielte bei gemeinsamen Auftritten in den vier kreisfreien Städten Brandenburg (Havel), Frankfurt (Oder), Cottbus und Potsdam eine Nebenrolle.
Signal an den Bund?
Landespolitische Themen spielen in Wagenknechts Reden ohnehin nur eine kleine Rolle, ihr geht es um die großen Fragen: Krieg und Frieden, keine US-Raketen in Deutschland, irreguläre Migration und - natürlich - um die Bundesregierung.
Ein richtig starkes Ergebnis in Brandenburg sei ein Signal an den Bund. "Wir wünschen uns, dass diese armselige Ampel nicht einfach so weitermachen kann", so Wagenknecht bei der Abschlussveranstaltung in Potsdam. Es müsse einen Neuanfang geben, "auch in Berlin".
In Sachsen und Thüringen nimmt Wagenknechts BSW eine Schlüsselposition bei der Bildung einer neuen Landesregierung ein, wenn die AfD außen vor bleiben soll. Die beiden CDU-Landesvorsitzenden Michael Kretschmer und Mario Voigt haben Wagenknecht bereits ihre Aufwartung gemacht und sind zu Gesprächen nach Berlin gereist.
Ein enormer PR-Coup
Für Wagenknecht waren diese Treffen ein enormer PR-Coup, egal ob es zu einer Regierungsbeteiligung kommt oder nicht. In Brandenburg könnte es sein, dass das BSW nicht zum Zünglein an der Waage wird. Dann nämlich, wenn Woidkes SPD stark abschneidet und es erneut für eine "Kenia-Koalition" mit der CDU und den Grünen reichen sollte.
Letztere müssen derzeit aber bangen, ob sie die Fünf-Prozent-Hürde nehmen. Fliegen die Grünen aus dem Landtag, käme das BSW ins Spiel. Den Preis für einen Regierungseintritt ihrer Partei dürfte Wagenknecht auch in Brandenburg hochtreiben.
Eines steht fest: Solange die Brandmauer der anderen Parteien zur AfD steht, führt am Bündnis Sahra Wagenknecht im Osten kein Weg vorbei. Eine kommode Ausgangssituation.