Eine Gruppe von Schülern steht zusammen auf einem Schulhof.

Landtagswahl in Brandenburg "Da fehlt mir irgendwie die goldene Mitte"

Stand: 18.09.2024 14:57 Uhr

Junge Menschen wählen eher grün oder links? Diese Zeiten scheinen vorbei. Die Debatte um Asylpolitik und innere Sicherheit erreicht in Brandenburg offenbar auch die jüngste Wählergruppe der 16- bis 24-Jährigen.

Von Tom Garus, rbb

Wenn Josephin Schreiber durch die Kleinstadt Treuenbrietzen fährt, erinnern sie die Wahlplakate daran, dass sie immer noch nicht weiß, wen sie am Sonntag eigentlich wählen soll. Sie tut sich schwer mit ihrer Wahlentscheidung, viele Themen treiben die 23-Jährige um: von Umweltschutz bis zum Krieg in der Ukraine. Und am wichtigsten: die Asylpolitik und Zuwanderung nach Deutschland. Hier findet sie einige Positionen der AfD durchaus gut, würde die Partei aber mit Blick auf die deutsche Vergangenheit nie wählen, sagt sie.

Bei der Linken und anderen demokratischen Parteien, sei ihr die Asylpolitik "zu ungenau": "Dann habe ich das Gefühl, es kann ja doch jeder herkommen und machen, was er möchte. Und es gibt keine Konsequenzen dafür. Und wir müssen alles super finden. Da fehlt mir irgendwie die goldene Mitte, die wirklich was macht."

Asylpolitik als wichtigstes Thema?

Die Debatte um Asylpolitik - sie lässt junge Menschen bei ihrer Wahlentscheidung offenbar neu denken. Auch an der Gesamtschule Treuenbrietzen. Für die 16-Jährigen hier ist es die erste Landtagswahl. Stand der Klimaschutz bei der vergangenen Wahl für viele Erstwähler noch weit oben, sind es für den 16-jährigen Bennett Schindewolf heute andere Themen: "Ehrlich gesagt so ein bisschen die Migrantenpolitik. Klar müsste man auf die Umwelt achten, aber wir setzen da viel zu viel Augenmaß auf die Umwelt als auf andere Themen, die wichtiger sind, wie Wohnungsbau oder Mieterhöhungen."

Der 16-Jährige folgt Alice Weidel auf TikTok. Einer Studie der Uni Potsdam zufolge ist die AfD auf TikTok doppelt so erfolgreich wie alle anderen Parteien zusammen. Bennett Schindewolf fühlt sich von Weidel und der AfD angesprochen, auch nach der Messerattacke in Solingen, die hier viele beschäftigt.

Für Mitschüler Marvin Fechner ist es keine Überraschung, dass dadurch jetzt auch jüngere Wähler Angst hätten und AfD wählten, "anstatt die Grünen, die eher für Einwanderung sind". Auch er ist noch unsicher, wem er sein Kreuz geben will.

"Es gibt halt so einige Themen, wo ich eher rechts bin und einige Themen, wo ich eher links bin", sagt er. "Ich denke, am Ende wird es CDU oder FDP. Viele Aussagen von Friedrich Merz oder Markus Söder unterschreibe ich gerne, oder auch von Christian Lindner."

Bei der U16-Wahl in Brandenburg hat die AfD mit 29,7 Prozent mit Abstand die meisten Stimmen erhalten. Dahinter lagen die SPD mit 15,1 Prozent und die CDU mit 12,6 Prozent knapp vor der Tierschutzpartei knapp 12,0 Prozent. Das Bündnis Sahra Wagenknecht kam auf 8,1 Prozent der Stimmen. Auch Linke und Grüne übersprangen mit 6,6 und 5,3 Prozent die fiktive Fünf-Prozent-Hürde. An der nicht-repräsentativen Wahl nahmen insgesamt 4.736 Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren teil.

BSW als Alternative zur AfD?

Altlandsberg am östlichen Berliner Stadtrand hat rund zehntausend Einwohnerinnen und Einwohner. Dort lebt Dustin Märschenz. Er ist 16 und ihn treibt um, dass manche Rentnerinnen und Rentner wie seine Großeltern zu wenig Geld zum Leben hätten: "Warum kümmert man sich nicht erst um die Deutschen, um die eigene Heimat und probiert dann, den anderen zu helfen. Wir können ja nicht anderen helfen, wenn es uns selber schlecht geht."

Die AfD würde er nicht wählen, sagt er. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hingegen könne er sich gut vorstellen, denn Wagenknecht probiere "es jedem gerecht zu machen, etwas für die Jugendlichen zu tun". "Sie lässt aber auch nicht die Rentner außen vor." Und sie wolle, so der 16-jährige, "Migranten bestrafen, die was falsch machen, genauso wie die Deutschen, die was falsch machen."

Bei der Landtagswahl 2019 hatten junge Brandenburgerinnen und Brandenburger den Grünen die meisten Stimmen gegeben. Das könnte am Sonntag ganz anders aussehen.