Nach Umsturz in Syrien Baerbock warnt "Assads Folterknechte"
Außenministerin Baerbock hat die Helfer des gestürzten syrischen Machthabers Assad vor einer Flucht nach Deutschland gewarnt. Hier warte die "volle Härte des Gesetzes". In der Rückkehrer-Debatte gibt es eine neue Idee und Appelle aus der Wirtschaft.
Viel wurde nach dem Umsturz in Syrien über die Rückkehr von Flüchtlingen in ihr Heimatland diskutiert. Außenministerin Annalena Baerbock richtet den Blick nun auf Syrer, die nach dem Ende der Assad-Herrschaft nach Deutschland kommen könnten. "Wer von Assads Folterknechten darüber nachdenken sollte, jetzt nach Deutschland zu fliehen, dem kann ich nur klar sagen: Wir ziehen all die Schergen des Regimes mit der vollen Härte des Gesetzes für ihre furchtbaren Verbrechen zur Rechenschaft", sagte die Grünen-Politikerin der Zeitung Bild am Sonntag.
Um entsprechende Personen zu finden, gebe es Grenzkontrollen, fügte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hinzu. Die Sicherheitsbehörden seien äußerst wachsam. "Wenn Schergen des Terrorregimes von Assad versuchen sollten nach Deutschland zu fliehen, dann müssen sie wissen, dass kaum ein Staat ihre Verbrechen so hart verfolgt wie Deutschland. Das sollte davor abschrecken, diesen Versuch zu wagen", sagte Faeser der Zeitung.
Sie erinnerte an das Oberlandesgericht Koblenz, das 2022 das weltweit erste Urteil wegen Staatsfolter in Syrien gesprochen und einen früheren syrischen Geheimdienstmitarbeiter wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt hatte. Im Juli wurden in Deutschland zudem mutmaßliche syrische Kriegsverbrecher festgenommen, die an der gewaltsamen Niederschlagung einer Demonstration beteiligt gewesen sein sollen. "Niemand ist hier vor Strafverfolgung sicher, der sich an Gräueltaten beteiligt hat", betonte Faeser.
Asyl-Ausnahmeregel für Syrer gefordert
In der Debatte über die Rückkehr von Flüchtlingen forderte die außenpolitische Sprecherin der Grünen im EU-Parlament, Hannah Neumann, Ausnahmeregelungen bei den Asylvorschriften. In den Zeitungen der Funke Mediengruppe regte sie flexible Ausnahmeregelungen an, die es Syrern ermöglichten, in ihrem Heimatland eine demokratische Regierungsbildung und den Wiederaufbau vor Ort zu unterstützen, ohne damit ihren Asylstatus in Deutschland oder einem anderen EU-Staat zu riskieren.
Ohne solche Ausnahmen liefen Betroffene im schlimmsten Fall Gefahr, nicht mehr zu ihrer Familie in Europa zurückkehren zu können, betonte die Grünen-Politikerin.
Mittelstand: Brauchen syrische Arbeitskräfte
Insgesamt leben derzeit laut Bundesinnenministerium rund 975.000 Syrer in Deutschland. Am Montag hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) entschieden, über Asylanträge von Menschen aus Syrien wegen der dynamischen Entwicklung in dem Land vorerst nicht zu entscheiden. Einen diskutierten Aufnahmestopp für Syrer lehnen Wirtschaftsvertreter ab.
Für den deutschen Arbeitsmarkt seien viele syrische Angestellte wichtig, sagte der geschäftsführende Vorstand des Deutschen Mittelstands-Bundes, Marc Tenbieg, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Der Mittelstand könne es sich nicht leisten, auf arbeitswillige Menschen zu verzichten. "Deshalb lehnen wir einen Schnellschuss bei möglichen Rückführungen nach Syrien ab", sagte Tenbieg.
Ähnlich äußerte sich auch ver.di-Chef Frank Werneke. "Sei es in der Pflege, in Krankenhäusern, bei Post- und Paketdiensten, im Versandhandel oder vielen anderen Berufen. An sehr vielen Stellen sorgen aus Syrien geflüchtete Menschen dafür, dieses Land am Laufen zu halten", sagte er.
Verkehrsbetriebe beschäftigen etwa 2.000 Syrer
Gebraucht werden die syrischen Mitarbeiter auch bei den Verkehrsbetrieben. "Wir können an vielen Stellen nicht auf sie verzichten" teilte der Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Ingo Wortmann, der Nachrichtenagentur dpa mit. Allein im Fahrdienst arbeiteten im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bundesweit etwa 2.000 syrische Kolleginnen und Kollegen, ergänzte er. Kehrten sie zurück, würde das die ohnehin bestehenden Personalengpässe in der Branche weiter verschärfen. Forderungen, etwa von Unionsfraktionsvize Jens Spahn, nach unverzüglichen Rückführungen von Syrerinnen und Syrern nach dem Sturz des Assad-Regimes kritisierte Wortmann als politischen Aktionismus. "Wir schaden dem Standort Deutschland, wenn Menschen, die hier arbeiten wollen, nicht bei uns bleiben können."