Menschen treffen zum UN-Klimagipfel COP29 ein.

Offener Brief an die UN Klimagipfel nicht an Öl-Staaten vergeben

Stand: 15.11.2024 12:11 Uhr

Zum dritten Mal in Folge findet die UN-Klimakonferenz in einem Öl-Staat statt. Ein offener Brief fordert die Vereinten Nationen auf, den Gipfel an solche Länder nicht mehr zu vergeben. Auch ein ehemaliger UN-Generalsekretär hat unterzeichnet.

Ist der Öl-Staat Aserbaidschan ein glaubwürdiger Gastgeber der UN-Weltklimakonferenz? Seit Monaten gibt es daran Zweifel. Prominente Wissenschaftler und Umweltpolitiker fordern nun, dass die Vereinten Nationen den Auswahlprozess reformieren.

In einem offenen Brief an UN-Klimachef Simon Stiell heißt es, die UN müssten strenge Zulassungskriterien anwenden, um Länder als Gastgeber auszuschließen, die die einmütig beschlossene Abkehr von Kohle, Öl und Gas nicht unterstützen.

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem Sandrine Dixson-Declève, globale Botschafterin des Club of Rome, Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung sowie der ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki-moon.

Forderung nach "lösungsorientierten Treffen"

Anlass des Briefs ist eine Rede des aserbaidschanischen Staatschefs Ilham Aliyev auf der UN-Klimakonferenz COP29, in der er die klimaschädlichen Energieträger Öl und Gas als "Geschenk Gottes" pries.

In ihrem Schreiben warnen die Unterzeichner, dass die Erderhitzung auch nach inzwischen 28 jährlichen Klimakonferenzen nicht gestoppt sei - vielmehr sei eine Erwärmung auf mehr als 2,9 Grad bis 2100 nicht mehr ausgeschlossen. Ihre Schlussfolgerung: Es braucht Mechanismen, um die Länder zur Rechenschaft zu ziehen, wenn sie Klimaziele und -verpflichtungen missachten.

Auch brauche es "kleinere, häufigere und lösungsorientierte Treffen". Ebenso müsse der Zugang beschränkt werden: Das Ungleichgewicht zeige sich darin, dass bei der letztjährigen COP28 in Dubai weit mehr Öl- und Gas-Lobbyisten akkreditiert waren als etwa Vertreter indigener Gemeinschaften oder von der Klimakrise gefährdeter Nationen.

Zugangspässe für Lobbyisten der Fossil-Industrie

Bei der jetzigen Weltklimakonferenz in Aserbaidschan sind nach einer Datenanalyse mindestens 1.773 Lobbyisten der Öl-, Gas- und Kohleindustrie ganz offiziell akkreditiert. Das gab die Koalition "Kick Big Polluters Out" bekannt, die unter anderem von den Organisationen Transparency International, Global Witness, Greenpeace und dem Climate Action Network getragen wird.

Ausgewertet wurden öffentlich zugängliche Daten des UN-Klimasekretariats UNFCCC. Der Analyse zufolge haben die Lobbyisten mehr Zugangspässe erhalten als alle Delegationen der zehn durch die Erderwärmung verwundbarsten Staaten.

"Wie Tabaklobbyisten auf einer Lungenkrebs-Konferenz"

David Tong von der Kampagnengruppe Oil Change International kritisierte die Teilnahme der Vertreter der Ölindustrie scharf: "Das ist so, als wären Tabaklobbyisten auf einer Konferenz über Lungenkrebs", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Auch der frühere US-Vizepräsident und Klimaaktivist Al Gore übte Kritik: "Es ist bedauerlich, dass die fossile Brennstoffindustrie und die Petrostaaten die Kontrolle über den COP-Prozess in einem ungesunden Ausmaß übernommen haben."

Kaum Vorgaben für Gastgeberländer

Die Klimakonferenz rotiert zwischen den Weltregionen. Die UN machen kaum Vorgaben für Gastgeberländer, die die Klimakonferenz ausrichten wollen. In den beiden Vorjahren fanden die Gipfel ebenfalls in zwei Staaten statt, die stark von Öl und Gas abhängen: den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 15. November 2024 um 02:00 Uhr in den Nachrichten.