Weltorganisation für Meteorologie Weniger Unwetter-Tote durch Frühwarnsysteme
Die durchschnittliche Jahrestemperatur steigt - und mit ihr nehmen extreme Wetterereignisse zu. Frühwarnsysteme helfen, sich darauf einzustellen und Todesopfer zu vermeiden. Die UN wollen deshalb, dass bis 2027 alle Länder diese Technologie nutzen können.
Starkregen in Italien, der Zyklon "Mocha" in Myanmar und Bangladesch, die heftige Dürre in Spanien - extreme Wetterereignisse häufen sich. Nach UN-Angaben haben sie in den vergangenen 50 Jahren stark zugenommen. Frühwarnsysteme helfen, die Extremsituation zu bewältigen und Todesopfer zu vermeiden. Aber längst nicht alle Menschen haben Zugang zu ihnen.
Die Vereinten Nationen streben an, dass bis 2027 jeder Mensch auf der Erde durch entsprechende Systeme geschützt ist. Denn bislang verfügt nur die Hälfte der Länder über angemessene Frühwarnsysteme, wie die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) zum Auftakt des Weltkongresses für Meteorologie in Genf mitteilte.
El Niño und menschengemachter Klimawandel als Auslöser
In den kommenden Jahren werden Extremwettereignisse noch häufiger, befürchten Experten. "Was wir erwarten, ist ganz klar", sagte Jochem Marotzke, Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg, im Interview mit tagesschau. "Es mag paradox klingen, aber beide Extreme - Dürre als auch heftige Niederschläge - werden zunehmen."
Der Auslöser ist die steigende mittlere Jahrestemperatur. Die UN-Organisation rechnet damit, dass bis 2027 mindestens einmal ein Rekordwert erreicht wird. Grund dafür sei eine Kombination aus dem vom Menschen verursachten Klimawandel und dem natürlich auftretenden Klimaphänomen El Niño.
"Dies wird weitreichende Auswirkungen auf Gesundheit, Nahrungsmittelsicherheit, Wassermanagement und die Umwelt haben", warnte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. El Niño und das Gegenstück La Niña begünstigen Extremwetter in vielen Weltregionen. El Niño treibt die globale Durchschnittstemperatur in die Höhe, während La Niña einen kühlenden Effekt hat. Sie tauchen abwechselnd alle paar Jahre auf.
Frühwarnsysteme werden immer wichtiger
Umso wichtiger werden Frühwarnsysteme, die Menschenleben retten können - vor allem in Entwicklungsländern. Denn mehr als 90 Prozent der weltweit gemeldeten Todesfälle aufgrund von Katastrophen wie Stürmen, Überflutungen und Dürren ereigneten sich dem WMO-Bericht zufolge in Entwicklungsländern.
Dort sind der UN-Organisation zufolge noch immer vergleichsweise wenige öffentliche Warnsysteme installiert. WMO-Generalsekretär Petteri Taalas sagte, es seien vor allem die am meisten verwundbaren Gemeinschaften, die unter wetter- und klimabedingten Gefahren litten.
Zwei Millionen Tote durch Unwetter seit 1970
Insgesamt wurden 11.778 wetter- oder klimabedingte Katastrophen von 1970 bis 2021 verzeichnet. Mehr als zwei Millionen Menschen kamen dabei ums Leben, die Schäden beliefen sich auf 4,3 Billionen Dollar (knapp vier Billionen Euro).
Dank Frühwarnsystemen und eines besseren Katastrophenmanagements seien enorm hohe Sterblichkeitsraten Geschichte. "Frühwarnungen retten Leben", sagte Taalas. Die Zahl der Todesopfer sei durch verbesserte Frühwarnsysteme und ein koordiniertes Katastrophenmanagement von jährlich mehr als 50.000 Todesfällen in den 1970er-Jahren auf unter 20.000 Todesfälle in den Jahren nach 2010 gesunken. 2020 und 2021 wurden zusammengenommen 22.608 Todesfälle verzeichnet.
Der angestrebte weltweite Zugang zu Frühwarnsystemen bis 2027 soll noch mehr Todesfälle verhindern. Allein in diesem Jahr wollen die Vereinten Nationen entsprechende Vorhaben in 30 Staaten beginnen.
Leistungsstarke Rechenanlagen nötig
Die Verbreitung der Systeme sei das eine, meint der Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie. Damit die Systeme zuverlässig warnen, müssten jedoch auch die Vorhersagen verbessert werden, betonte Marotzke. "Ganz viel hat damit zu tun, dass die Technologie, die uns zur Verfügung steht, noch besser werden muss." Exakte Vorhersagen benötigten große Rechenanlagen und davon gebe es in der Klimaforschung noch zu wenige.
Zum anderen müsse auch die Informations- und Warnkette funktionieren. Behörden vor Ort, Ministerien, Landratsämter und Bürgermeister - alle müssten mit eingebunden werden. "Und das ist keine leichte Aufgabe, die Gesellschaft auf diese Weise mitzunehmen", so der Klimatologe. "Und das ist auch eine Aufgabe, die ist weitaus breiter als für Personen wie mich, die Wetter und Klimasimulationen durchführen."