Halbzeit bei Klimakonferenz Trumps Schatten reicht bis Baku
In Aserbaidschan geht die 29. Weltklimakonferenz in die Halbzeit. Die Verhandlungen zu einem neuen Finanzierungsziel sind zäh. Und auch Trump spielt eine Rolle - obwohl er gar nicht in Baku ist.
Wie ein dunkler Schatten liegt der Sieg Donald Trumps bei der US-Wahl auf den Weltklimaverhandlungen, die pünktlich zur Halbzeit im aserbaidschanischen Baku von Spannungen geprägt sind. Dass Trump Nachahmer gefunden habe, sei kein gutes Zeichen, sagt Klimaexperte Reimund Schwarze vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung in Baku. "Das drückt die Stimmung doch erheblich. Und wenn man dann noch feststellt, ein Anruf reicht, um die argentinische Verhandlungsdelegation nach Hause zu beordern, dann drückt das weiter auf die Stimmung."
Die Sternstunden der fossilen Fans
Was Schwarze damit anspricht: Schon nach wenigen Tagen der Verhandlungen hatte der argentinische Präsident Javier Milei seine rund 80-köpfige Delegation zurück nach Hause beordert. Es heißt, er lasse prüfen, ob ein Ausstieg aus dem Pariser Abkommen möglich wäre - genau wie es ihm der künftige US-Präsident Trump schon während des Wahlkampfs vorgemacht hat.
Es scheinen die Sternstunden der Fans fossiler Energien auf einer Konferenz angebrochen zu sein, die eigentlich dem Klima helfen will. "Wir sehen, dass Präsident Trump die fossile Lobby, von der er finanziert wird, jetzt auch weltweit organisiert", sagt Christoph Bals von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch.
Wie eine von Nichtregierungsorganisationen veröffentlichte Liste zeigt, sind außerdem auch mehr als 1.770 Menschen der fossilen Industrie mit bei dem Klimagipfel in Baku.
Erneuerbare im Anmarsch
Doch Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesentwicklungsministerium und deutscher Verhandler, sagt: "Ich sehe das als Aufflammen gegen das Unvermeidbare, nämlich dass die fossile Welt mausetot ist. Jetzt schon."
Tatsächlich bestätigen das auch die Zahlen eines neuen Berichts, der in der ersten Konferenzwoche vom New Climate Institute vorgestellt wurde. In Baku vor Ort ist Studienautor Niklas Höhne. Er sagt: "Auf der einen Seite erleben wir, dass Erneuerbare Energien boomen, aber es gibt auch den negativen Effekt, dass die Fossilen ausgebaut werden."
Christoph Bals von Germanwatch macht gerade diesen Peak, also den Höhepunkt der Nutzung der fossilen Energien, der absehbar in den kommenden Jahren erreicht und dann absinken werde, für dieses "Aufflammen" verantwortlich. Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert das Nachfragehoch nach Kohle, Öl und Gas noch vor 2030.
Fossile Stimmung färbt auf Verhandlungen ab
Dennoch: Die fossile Stimmung scheint unterdessen auf die schwierigen Verhandlungen zu einem neuen Klimafinanzierungsziel abzufärben. Noch immer ist es ein 25 Seiten langes Dokument, das die Verhandelnden zum neuen Finanzziel in der Halbzeit vorlegen. Viele eckige Klammern befinden sich noch darin. Ein Hinweis auf viele verschiedene, noch nicht entschiedene Formulierungen.
An dieser Stelle der Verhandlungen ist das zwar üblich, aber auch ein Hinweis darauf, dass noch wenig Konsens herrscht. Beobachtende fordern, dass die Staaten zu diesem Zeitpunkt schon weiter sein müssten. Bals plädiert für mehr Engagement Aserbaidschans in den Verhandlungen: "Das wird extrem schwierig, und es ist nicht einfacher dadurch, dass bislang die COP-Präsidentschaft keine sehr konstruktive Rolle spielt."
Deutsche Delegation will sich für Erfolg einsetzen
Die Staatssekretärin im Bundesaußenministerium, Jennifer Morgan (Grüne), setzt dennoch auf Optimismus: "Dass Argentinien als G20 die Verhandlungen so früh verlässt, ist bedauerlich. Doch die Verhandlungen gehen weiter und Deutschland und die EU werden in der kommenden Woche darauf hinarbeiten, die COP29 zu einem Erfolg zu führen."
Die deutschen Staatssekretäre Flasbath und Morgen sind in Baku vor Ort.
Es gilt, im besten Fall eine konkrete Summe Geld zu benennen, die Industrieländer ab 2026 an Entwicklungsländer zahlen. Damit sollen diese Klimaschutz und -anpassung umsetzen. Die Entwicklungsländer haben bereits Forderungen von 1,3 Billionen US-Dollar jährlich auf den Tisch gelegt.
Im Vorfeld hatte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) signalisiert, dass auch die Ölstaaten und China in den Kreis der Geber einbezogen werden sollten. Nach wie vor ist unklar, ob sich dieser Wunsch in der zweiten Woche erfüllt. Beobachtende wie Klimaforscher Ottmar Edenhofer vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sehen Hoffnung für zumindest mehr Transparenz von China: "Es ist durchaus so, dass China zumindest die Tür geöffnet hat", sagt Edenhofer.
Größter Teil durch Finanzmärkte
Staatssekretär Flasbarth macht deutlich, dass der größte Teil der Klimafinanzsumme über die Finanzmärkte kommen müsse. Also dadurch, dass es sich für Unternehmen rechnet, in klimafreundliche und nicht mehr in klimaschädliche Investitionen zu setzen. Dafür brauche es die richtigen Anreize, damit diese Billionen dann wirklich fließen.
Klar sei aber auch: "Wir wollen uns nicht davonstehlen." Deutschland stehe mit seiner Zusage von sechs Milliarden im Jahr gut dar. Flasbarth könne sich nichts anderes vorstellen, als dass die demokratischen Parteien auch in Zukunft diese Mittel bereitstellen. Diese öffentlichen Gelder aus den Haushalten der Industriestaaten sollten allerdings den kleineren Anteil der Finanzierung ausmachen.
Geschichten der Zukunft: Fossil oder erneuerbar?
"Fridays for Future"-Aktivistin Luisa Neubauer appelliert gerade vor diesem Hintergrund dafür, den Aufstieg der Erneuerbaren über die Erzählung der Fossilen zu stellen: "Bei dieser Klimakonferenz wird sich entscheiden, welche beiden dieser Geschichten am Ende dominiert."
In der zweiten Woche des Gipfels sollen weitere Ministerinnen und Minister ankommen. Für Deutschland werden Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Außenministerin Annalena Baerbock erwartet.