Wimbledon-Finalistin Jabeur Zwei Ziele fest im Blick
Als erste Spielerin aus der Arabischen Welt steht die Tunesierin Jabeur im Wimbledon-Finale. Der Weltranglisten-Zweiten geht es nicht allein um Titel: Ihr Erfolg soll eine neue Generation von Sportlerinnen inspirieren.
Nicht weit von der Küstenstadt Ksar Hellal in Tunesien liegt ein Tennisplatz. Er heißt "Court Ons Jabeur", benannt nach Tunesiens berühmtester Tennisspielerin. Früher spielte Jabeur selbst hier, heute trainieren auf dem Platz fünf Mädchen zwischen sechs und zehn Jahren. Sie treten vielleicht mal in ihre Fußstapfen, genau wie es sich Jabeur nach ihrem Einzug ins Wimbledon-Finale wünschte.
"Ich versuche einfach, so viele zu inspirieren wie ich kann", sagte sie. "Ich will mehr und mehr Spielerinnen sehen, die nicht nur aus Tunesien, sondern der ganzen Arabischen Welt kommen. Ich stehe heute als stolze tunesische Frau hier. Und ich weiß, dass in Tunesien gerade die Post abgeht. Das hoffe ich zumindest."
"Sie macht Tunesien alle Ehre"
In Tunesien schauen viele Menschen ihre Spiele gemeinsam in Cafés. Die Begeisterung spiegelt sich auch auf den Straßen der Hauptstadt Tunis wider. "Wir haben Kinder, die Tennis spielen", erzählt eine Frau. "Sie macht Tunesien alle Ehre. Sie hat sich ihre Karriere ganz alleine aufgebaut." Ein Mann erklärt, es sei das erste Mal, dass Tunesien eine Tennis-Meisterin habe. Das Land bringe aber immer mal wieder jemanden hervor, auf den sie stolz sein können. Ein anderer hofft, dass die Erfolge Jabeurs den Tunesiern und Afrikanern generell den Tennissport näherbringt.
Neben Titelgewinnen habe Jabeur immer eine zweite Mission im Hinterkopf, sagt sie. Sie wolle einer Generation von Sportlerinnen in Tunesien und Nordafrika Selbstbewusstsein geben. Und das mit einem Elan und einer Beharrlichkeit, die sich auch in ihrem Spiel widerspiegeln, meint ihr erster tunesischer Trainer Nabil Mlika. Und das sei schon immer so gewesen. "Sie hat nie aufgehört, sich zu bewegen. Es hat immer ein Feuer in ihr gebrannt. Das macht sie bis heute aus."
Knallhartes Spiel - und Fairplay
Diese Eigenschaft bekam auch Omar Laabidi zu spüren. Er ist wie Jabeur 27 Jahre alt, beide haben gemeinsam in der Tunesischen Nationalmannschaft gespielt und trainierten oft zusammen. "Man hat ihr immer gesagt, sie hat Schläge wie Roger Federer", berichtet Laabidi. "Einmal haben wir zusammen in der Nationalmannschaft trainiert. Sie hat mir einen schwierigen Ball gespielt, ich bin hingerannt, um ihn zu bekommen und habe mir die Hand verstaucht. Darüber muss ich heute noch lachen. Sie hat mir aus Spaß gesagt, ich sei ihr Prügelknabe. Manchmal kommt sie heute noch lachend an und sagt das. Aber um ehrlich zu sein: Meistens hat sie mich besiegt."
Für dieses knallharte, erfolgreiche Tennisspiel ist Jabeur mittlerweile auf den Tennisplätzen weltweit bekannt - genauso wie für ihr Fairplay gegenüber Mitspielerinnen. Das entwickelt auch bei der tunesischen Jugend eine Sogwirkung: Laut der französischen Nachrichtenagentur AFP gab es 2018 in Jabeurs Heimatverein 320 Neuanmeldungen. Dieses Jahr waren es demnach 700. Nicht unwahrscheinlich also, dass die fünf Mädchen beim Training auf dem "Court Ons Jabeur" bald deutlich mehr Mitspielerinnen haben werden.