Ägypten Ramadan beginnt - und Brot wird immer teurer
In Ägypten steigen die Preise für Lebensmittel - eine Folge des Krieges in der Ukraine. Das trifft die Menschen zu Beginn des Ramadan besonders hart und wird für den Staat zu einem gravierenden Problem.
Mahmoud Mohamed stapelt kleine runde Brote auf ein Holzgitter. Sie sind noch warm, wenn er sie verkauft. Viele seiner Kunden aus der Kairoer Mittelschicht nehmen zwei Dutzend oder mehr - die Tagesration für eine sechsköpfige Familie. Doch immer mehr entscheiden sich für eine geringere Menge oder verlassen die Bäckerei ohne Brot. "Es gibt viele, die wieder gehen, ohne etwas zu kaufen", sagt Mahmoud Mohamed. "Seit wir das Brot zu einem höheren Preis verkaufen, halten sich viele zurück."
In den vergangenen Wochen ist der Brotpreis in Ägypten um bis zu 50 Prozent gestiegen; jedenfalls für die Sorten, die nicht vom Staat bezuschusst werden. Denn das bevölkerungsreichste Land der arabischen Welt importiert große Mengen an Weizen - bislang vor allem aus Russland und der Ukraine.
Brot gehört zu den wichtigsten Nahrungsmitteln für die insgesamt mehr als 100 Millionen Ägypter. Die Vorräte reichten noch für mehrere Monate, heißt es von offizieller Seite. Doch die steigenden Preise für Brot und andere Nahrungsmittel machen vielen Familien schon jetzt zu schaffen. Sie müssen sich weiter einschränken. Selbst das traditionell üppige Fastenbrechen im Ramadan fällt dieses Jahr an vielen Orten deutlich kleiner aus.
Höhere Preise, weniger Einkäufe
"Es gibt nichts, auf das wir ganz verzichten können", sagt Sahar Youssef. Die Mutter von vier Kindern lebt in einem Dorf im Nil-Delta, etwa 30 Kilometer von Kairo entfernt. Ihre Ausgaben für Essen machten bislang etwa zwei Drittel des Familieneinkommens aus. Jetzt kauft Sahar Youssef von allem weniger.
Und ein kleines Paket mit getrockneten Datteln, das sie geschenkt bekommen hat, muss nun für den gesamten Ramadan reichen. Früher kaufte sie fünf Kilo, um jeden Abend beim Sonnenuntergang ganz traditionell das Fasten zu brechen.
Kairo hat sich für den Ramadan geschmückt. Doch die Ägypter müssen sehr genau prüfen, was sie sich noch leisten können.
Essensspenden - wichtiger denn je
Viele Ägypter feiern den Ramadan noch viel bescheidener - wenn überhaupt: Sie sind auf die Essensspenden angewiesen, die wohlhabendere Landsleute für sie bereitstellen. Großzügig gedeckte Tafeln für die Bedürftigen mitten in der Stadt haben im Fastenmonat Tradition. Zwei Jahre lang waren sie verboten - wegen der Corona-Pandemie.
Doch in diesem Jahr dürfte der Andrang wieder groß sein. Denn die Zahl der armen Menschen in Ägypten ist hoch. Offiziellen Angaben zufolge lebt ein Drittel der Ägypter von weniger als zwei Dollar pro Tag.
Seit Jahrzehnten subventioniert
Für die Mehrheit der Bevölkerung bietet der Staat deshalb schon seit Jahrzehnten subventioniertes Brot an - in speziellen Bäckereien, in denen das so genannte "Aisch Baladi" produziert wird. "Brot ist sehr wichtig für die Ägypter", sagt Nada Arafat, Journalistin des unabhängigen Nachrichtenportals Mada Masr:
Ägypten ist das einzige Land, in dem das Wort für Brot, also 'Aisch', 'Leben' bedeutet. Dieses Wort zeigt, wie bedeutend das Brot für die Menschen ist. Das hat sich auch bei den Forderungen der Demonstranten während der Revolution 2011 gezeigt. Das Erste, was die Menschen gefordert haben, war Brot. Das kam noch vor den Forderungen nach Freiheit und sozialer Gerechtigkeit.
Noch sind die Regale voll mit Brot. Aber staatliche Subventionen können den Preisanstieg kaum auffangen.
Aufstände wegen des Brotpreises
Mehrmals gab es in der jüngeren ägyptischen Geschichte Aufstände: Wenn der Preis für Brot erhöht wurde, zogen die Menschen zu Tausenden auf die Straße, um zu protestieren. Präsident Anwar Al-Sadat sah sich 1977 gezwungen, eine geplante Brotpreiserhöhung wieder aufzugeben. Sein Nachfolger Hosni Mubarak ließ Proteste gegen eine Preiserhöhung 2008 unterdrücken.
In diesen Tagen setzt die ägyptische Regierung alles daran, Unmut zu vermeiden und die Bevölkerung zu beruhigen, allen voran Premierminister Mustafa Madbouly. Er will sein Land von den Weizen-Lieferungen aus Russland und der Ukraine unabhängig machen.
"Wir kaufen jetzt schon Weizen aus verschiedenen anderen Ländern", betonte er bei einer Pressekonferenz. So stelle die Regierung sicher, dass der Weizen künftig aus verschiedenen Quellen komme.
Sparen - für viele kaum möglich
Der bekannte Moderator Amr Adib gibt seinen Landsleuten in einer Talk Show Tipps, wie sie in Zeiten von steigenden Preisen besser haushalten können. In den USA zum Beispiel würden die Menschen ihr Brot selbst backen, sagt er und empfiehlt, weniger Geld auf die hohe Kante zu legen.
Doch viele Ägypter haben ohnehin keinen Cent übrig. Ashraf Sabry zum Beispiel. Der Vater von drei Kindern hat einen Vollzeitjob in einem Nahrungsmittelunternehmen, muss aber dennoch genau kalkulieren, was er ihnen zu essen gibt. "Ich mache meinen Kindern morgens ein Sandwich. Das Brot ist jetzt doppelt so teuer. Wenn ich für jedes Kind noch ein Ei dazugebe, brauchen wir ein weiteres Einkommen."