Krise im Sudan Mindestens 190 Kinder durch Kämpfe getötet
Durch die Kämpfe im Sudan sind laut UNICEF mindestens 190 Kinder getötet worden. Tausende Menschen wurden verletzt, mehr als 100.000 in die Flucht getrieben. Die UN appellieren an die Hilfsbereitschaft anderer Staaten.
Seit rund drei Wochen dauert der gewaltsame Konflikt im Sudan an. Durch die Kämpfe wurden nach Schätzungen der Vereinten Nationen bereits Tausende Menschen getötet, verletzt oder in die Flucht getrieben. Auch mindestens 190 Kinder kamen demnach durch die Gefechte ums Leben.
Diese Schätzung von UNICEF bezieht sich auf den Zeitraum vom 15. bis zum 25. April. Wie James Elder, Sprecher des Hilfswerks, in Genf mitteilte, wurden zudem in diesen Tagen mindestens 1700 Mädchen und Jungen während des Konflikts verletzt. "Das heißt, dass pro Stunde sieben Jungen oder Mädchen getötet oder verwundet wurden", so Elder. Die Opferzahlen ließen sich aufgrund der Sicherheitslage im Sudan jedoch nicht unabhängig überprüfen. Daher sei von einer noch höheren Zahl an Getöteten oder Verletzten auszugehen.
Insgesamt seien seit Ausbruch der Kämpfe im Sudan mindestens 551 Menschen getötet und fast 5000 Einwohnerinnen und Einwohner verwundet worden, berichtete die Weltgesundheitsorganisation, die sich dabei auf Angaben des sudanesischen Gesundheitsministeriums bezog. UNICEF-Sprecher Elder rief die Konfliktparteien im Sudan auf, Angriffe auf Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Schulen einzustellen.
UN drängen zur Aufnahme von Flüchtlingen
Seitdem die Spannungen im Sudan in Gewalt umgeschlagen sind, mussten mindestens 100.000 Menschen das Land verlassen, schätzten die Vereinten Nationen am Donnerstag. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR geht sogar von bis zu 113.000 Flüchtlingen aus. Die meisten Betroffenen fliehen in benachbarte Länder wie Ägypten, Äthiopien oder Tschad. Im Sudan würden zudem Hilfslieferungen für die dortige Bevölkerung erschwert, obwohl mittlerweile etwa ein Drittel der Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sei. Sollte der Konflikt weiter andauern, könnte die Zahl nach Auffassung der UN auf bis zu 860.000 Flüchtlinge ansteigen.
Elizabeth Tan, UNHCR-Direktorin für internationalen Schutz, appellierte an benachbarte Staaten des Sudans, Flüchtlinge aus dem Krisenland nicht abzuweisen. "Dies gilt für sudanesische Staatsangehörige, ausländische Staatsangehörige, einschließlich Flüchtlinge, die im Sudan untergebracht sind, Staatenlose sowie Personen, die keinen Pass oder eine andere Form der Identifizierung haben", so Tan. Bislang gebe es aber auch keine Hinweise, dass Menschen auf der Flucht die Einreise verwehrt werde oder sie wieder in den Sudan abgeschoben würden.
Das Hilfswerk rief auch andere Länder weltweit dazu auf, Abschiebungen in den Sudan vorerst auszusetzen, bis sich die dortige Sicherheitslage deutlich verbessert habe. Staaten weltweit sollten sich bereit erklären, Flüchtlinge aus dem Sudan aufzunehmen. Weltweit leben etwa 845.000 Sudanesinnen und Sudanesen als Flüchtlinge im Ausland. Ebenso sollten Menschen aus dem Sudan, die als Arbeitskräfte im Ausland tätig sind, auch ohne gültige Visa oder gültigen Pass bleiben dürfen.
Waffenruhen wiederholt gebrochen
Im Sudan trägt De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan mithilfe der Streitkräfte einen Machtkampf gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo aus, der die paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) anführt. Die Kämpfe brachen Mitte April aus.
Vereinbarte Waffenruhen wurden mehrfach gebrochen. Zuletzt war am Mittwoch vereinbart worden, die Waffen bis zum 11. Mai ruhen zu lassen, doch schon am Donnerstagmorgen wurden aus dem Sudan weitere Gefechte gemeldet. Auch am Freitag berichtete die Nachrichtenagentur AFP, dass es Augenzeugen zufolge in der Hauptstadt Khartum weitere Luftangriffe und Gefechte gegeben habe.
Scholz: "Militärischen Machtkampf" beenden
Bundeskanzler Olaf Scholz, der sich derzeit auf einer Ostafrika-Reise befindet, rief die Konfliktparteien im Sudan erneut auf, "ihren militärischen Machtkampf" zu beenden, "der nur auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger des Landes stattfindet". Im Sudan müsse der Übergang zur Bildung einer zivilen Regierung gelingen.
Doch zur Zeit zeigt sich weder die RSF noch die sudanesische Armee verhandlungsbereit. US-Präsident Joe Biden ebnete am Donnerstagabend mit der Unterzeichnung eines Dekrets den Weg, um Sanktionen gegen jene zu ermöglichen, "die Frieden, Sicherheit und Stabilität des Sudan bedrohen".
Konkrete Strafmaßnahmen, die über bereits bestehende Sanktionen gegen den Sudan hinausgehen, verhängte die US-Regierung noch nicht. Doch Biden betonte: "Die Gewalt im Sudan ist eine Tragödie - und sie ist ein Verrat an der klaren Forderung des sudanesischen Volkes nach einer zivilen Regierung und einem Übergang zur Demokratie." Darum würden die USA Maßnahmen gegen diejenigen erwägen, die "den demokratischen Übergang des Sudan untergraben, Gewalt gegen Zivilisten einsetzen oder schwere Menschenrechtsverletzungen begehen".