US-Wahl 2024

In Arlington im Bundesstaat Virginia geben Wähler ihre Stimme ab.
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Rennen ums Weiße Haus Was Sie zur US-Wahl wissen müssen

Stand: 28.10.2024 04:59 Uhr

Harris oder Trump? Am 5. November entscheiden die USA, wer der Nachfolger von Präsident Biden wird. Wie wird gewählt, wie lief der Wahlkampf und warum ist die Zahl 270 relevant? Ein Überblick.

Von Jörn Unsöld, tagesschau.de

Die Ausgangslage

Ex-Präsident gegen Vizepräsidentin: Am 5. November findet in den USA die 60. Präsidentschaftswahl statt. Rund 200 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, zwischen dem Republikaner Donald Trump und der Demokratin Kamala Harris zu entscheiden.

Damit geht ein spektakulärer Wahlkampf zu Ende - in dem Trump ein Attentat überlebte und Amtsinhaber Joe Biden sich nach einem verpatzten TV-Duell aus dem Rennen zurückzog.

Die Entscheidungen der Präsidentin oder des Präsidenten haben auch international Folgen, etwa mit Blick auf den Nahen Osten, die Ukraine oder die Klimapolitik. Weltweit wird die US-Wahl daher mit Spannung verfolgt.

Wer tritt an - und mit welchem Programm?

Donald Trump (Republikanische Partei)

Bei den Vorwahlen der Republikaner setzte sich Donald Trump mit großem Vorsprung auf seine Konkurrenten durch. Der 78-Jährige war von 2017 bis 2021 US-Präsident. 2020 verlor er gegen den Demokraten Joe Biden - bis heute weigert er sich, diese Niederlage anzuerkennen.

Er ist der erste Ex-Präsident der USA, der strafrechtlich verurteilt ist, und zwar im Fall von Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin. Weitere Gerichtsverfahren gegen ihn laufen.

Beispielsweise ist er angeklagt im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021. Der Vorwurf: Er soll seine Anhänger gezielt aufgestachelt haben, um die Bestätigung von Bidens Wahlsieg zu verhindern.

Sollte er bei der jetzigen Wahl gewinnen, hat Trump einen harten Kurs in der Migrationspolitik angekündigt. Illegal eingereiste Migranten will er abschieben, notfalls auch mithilfe des Militärs. Superreichen und Unternehmen verspricht er Steuersenkungen.

Was die Außenpolitik angeht, ist damit zu rechnen, dass er an seinen isolationistisch geprägten Kurs ("America First") der ersten Amtszeit anknüpfen würde. So hat er etwa erklärt, die US-Hilfen für die Ukraine zu stoppen. Zudem droht er ausländischen Unternehmen mit massiven Zöllen.

Kamala Harris (Demokratische Partei)

Seit Anfang August ist klar, dass für die Demokraten die derzeitige Vizepräsidentin Kamala Harris antritt. Präsident Biden schlug nach seinem Rückzug seine Stellvertreterin als neue Kandidatin vor - innerhalb weniger Tage konnte sie die Partei hinter sich versammeln.

Ihre politische Karriere begann die heute 60-Jährige in Kalifornien, wo sie 2010 zur Generalstaatsanwältin gewählt wurde. Später errang sie einen Senatorenposten für den Bundesstaat.

Ursprünglich wollte Harris bereits 2020 für ihre Partei ins Rennen ums Weiße Haus einsteigen, zog ihre Kandidatur nach schlechten Umfragewerten allerdings zurück. Unter Biden wurde sie schließlich Vizepräsidentin - und damit die erste Frau in diesem Amt.

Ihr Wahlprogramm sieht vor, die Mittelschicht zu stärken und die finanzielle Unterstützung für Familien und Kinder auszubauen. Außerdem will sie Mietanstiege begrenzen, Wohnraum schaffen und bei Lebensmitteln Maßnahmen gegen Preiswucher einführen.

Zudem will sie erreichen, dass in den gesamten USA wieder das Recht auf Abtreibung eingeführt wird.

Neben Harris und Trump treten noch weitere Kandidaten an, die allerdings keine Chancen haben, ins Weiße Haus einzuziehen.

Wer sind die Vizepräsidentschaftskandidaten?

J.D. Vance (Republikanische Partei)

An der Seite von Donald Trump will J.D. (James David) Vance Vizepräsident der USA werden. Der 40-jährige Senator aus Ohio galt einst als Kritiker Trumps, bevor er das Lager wechselte.

Bekannt wurde er mit seinen Memoiren "Hillbilly-Elegie". Darin schildert er eine von Armut geprägte Kindheit. Vance kämpfte sich nach oben, ging an die Eliteuniversität Yale und wurde schließlich Finanzmanager.

Der einstige Trump-Kritiker ist inzwischen voll auf dessen Kurs eingeschwenkt. Er ist gegen das Recht auf Abtreibung, hat sich gegen die finanzielle Unterstützung der Ukraine ausgesprochen und leugnete im Wahlkampf Trumps Wahlniederlage 2020.

Tim Walz (Demokratische Partei)

Kamala Harris hat sich für Tim Walz, den Gouverneur von Minnesota, als Vize entschieden. Der 60-Jährige gilt als Politiker, der mit einfacher Sprache Zugang auch zu Wählern ohne akademische Bildung findet.

Der Mann aus dem Mittleren Westen soll jene überzeugen, die Harris und ihrem Image als Top-Juristin von der Westküste skeptisch gegenüberstehen.

Der frühere Nationalgardist, Lehrer und Football-Trainer vertritt liberale Positionen zu Abtreibung und Cannabis. Zudem befürwortet er eine schärfere Überprüfung von Waffenkäufern.

Wie läuft die Wahl ab - und was ist das Wahlleutegremium?

Wer wählen will, muss sich zunächst im Wahlregister seines Bundesstaates oder seiner Gemeinde registrieren lassen. Weil es keine Einwohnermeldeämter gibt, können Wahlbenachrichtigungen nicht automatisch per Post verschickt werden.

Die Wählerinnen und Wähler können die Präsidentin beziehungsweise den Präsidenten nicht direkt wählen, sondern über die Entsendung von Wahlfrauen beziehungsweise Wahlmännern in das Wahlleutegremium (Electoral College).

Zwar lassen sich auf dem Stimmzettel die Namen der Kandidaten Harris und Trump ankreuzen, faktisch werden die abgegebenen Stimmen aber den entsprechenden Wahlleuten der Demokratischen oder Republikanischen Partei zugeordnet.

Jeder Bundesstaat schickt proportional zur Bevölkerungsgröße eine bestimmte Anzahl von Wahlleuten in das Electoral College. Insgesamt besteht es aus 538 Wahlmännern und Wahlfrauen.

Wer Wahlmann oder Wahlfrau einer Partei wird, bestimmen die Parteien in den einzelnen Bundesstaaten unterschiedlich. Oft werden damit Personen gewürdigt, die sich für die Partei verdient gemacht haben.

Kalifornien hat mit 54 die meisten Wahlleute, kleinere Staaten wie Vermont, Wyoming oder Alaska entsenden beispielsweise nur drei. Wer auf mindestens 270 Stimmen kommt, wird Präsidentin oder Präsident.

Verfahren wird nach dem Mehrheitswahlrecht ("The winner takes it all"). Das bedeutet, wer die meisten Stimmen in einem Bundesstaat bekommen hat, erhält alle Stimmen des jeweiligen Bundesstaates im Electoral College. Der unterlegene Kandidat oder die unterlegene Kandidatin geht leer aus.

Nur zwei Bundesstaaten verfahren nach einem anderen Prinzip: In Nebraska und Maine werden die Stimmen gesplittet - ein Teil der Wahlleute wird in den Wahlkreisen bestimmt, die restlichen Wahlleute stellt die Partei, die im ganzen Bundesstaat gewinnt.

Die Wahlleute eines jeden Bundesstaates treffen sich am Dienstag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember, dieses Jahr also am 17. Dezember, in ihrem Bundesstaat, um für den Kandidaten bzw. die Kandidatin zu stimmen. Das Electoral College tritt also gar nicht als gemeinsames Gremium an einem Ort zusammen.

Die Stimmen werden dann nach Washington geschickt, wo sie im Januar im Kongress gezählt werden. Gewählt ist, wer die absolute Mehrheit von 270 Stimmen erreicht.

Was ist Early Voting?

In den meisten Bundesstaaten gibt es die Möglichkeit, die Stimme schon vor dem eigentlichen Wahltermin abzugeben (Early Voting, also Frühwahl). Wie am Wahltag kann die Stimme an der Urne abgegeben werden.

Viele Wählerinnen und Wähler entscheiden sich auch zur Briefwahl. Zwei Wochen vor der Wahl hatten laut New York Times bereits 17 Millionen Menschen ihre Stimme abgegeben. Viele Staaten wie etwa der Swing State Georgia verzeichneten einen Rekord.

Was sind Swing States - und warum sind sie entscheidend?

In den meisten Bundesstaaten ist aufgrund traditioneller Wählerbindungen abzusehen, wer gewinnt - und damit die Stimmen für das Electoral College bekommen wird. So wählt beispielsweise Kalifornien seit Jahren demokratisch, Texas hingegen republikanisch.

Anders sieht es in den sogenannten Swing States ("schwankende Staaten") aus. Dort ist keine klare Mehrheit für eines der beiden Lager absehbar.

Aus diesem Grund sind diese Staaten besonders umkämpft. Die Kampagnen beider Kandidaten fokussieren sich auf die Swing States - denn diese sind ausschlaggebend dafür, wer über die Schwelle von 270 Stimmen im Electoral College kommt und ins Weiße Haus einzieht.

Bei der diesjährigen Präsidentenwahl gelten folgende Staaten als Swing States (Anzahl der Wahlleute in Klammern): Pennsylvania (19), Georgia (16), North Carolina (16), Michigan (15), Arizona (11), Wisconsin (10) und Nevada (6).

Karte: Swing States in den USA bei der Wahl 2024

Sowohl Harris als auch Trump setzen große Hoffnungen auf den wichtigen Bundesstaat Pennsylvania mit seinen 19 Wahlleuten.

Die Demokraten bauen darauf, neben Pennsylvania im Nordosten auch Michigan (mit der Autostadt Detroit) und Wisconsin im Mittleren Westen zu gewinnen. Dann hätten sie sich die drei sogenannten "blue wall states" gesichert. 2020 setzte sich Biden in allen drei Staaten durch, sie waren zentral für seinen Wahlsieg.

Falls Harris die "blue wall" gewinnt, bräuchte sie nach Berechnungen von Wahlexperten nur noch eine Stimme: So geht die New York Times davon aus, dass Harris mit 225 gesicherten Stimmen rechnen kann, Trump mit 219. Zusammen mit den "blue wall states" käme sie auf 269 Stimmen.

Die letzte fehlende Stimme könnte aus Nebraska im Mittleren Westen kommen. Der Staat ist zwar kein Swing State, doch werden die Stimmen dort gesplittet vergeben und nicht nach dem "The winner takes it all"-Prinzip.

Und exakt ein Bezirk ist demokratisch geprägt, rund um die 500.000-Einwohner-Stadt Omaha, genannt "blue dot" (blau steht für die Demokraten). Dieser "blaue Punkt" könnte, wenn es Spitz auf Knopf steht, für die Demokraten den Ausschlag geben.

Pennsylvania, North Carolina, Georgia: Die Republikaner rechnen sich hier gute Chancen aus. In North Carolina hatte sich Trump auch 2020 durchgesetzt. In Georgia musste er sich knapp gegen Biden geschlagen geben. Gewinnt er dieses Mal alle drei Staaten, hätte er die nötige Mehrheit von 270 Stimmen im Electoral College.

Parallel zur Präsidentenwahl finden auch Kongresswahlen statt - um was geht es?

Der US-Kongress besteht aus zwei gesetzgebenden Kammern, dem Repräsentantenhaus und dem Senat.

Im Repräsentantenhaus sind 435 Abgeordnete vertreten, jeweils ein Parlamentarier oder eine Parlamentarierin für einen der 435 Wahlbezirke, die entsprechend der Bevölkerungsgröße möglichst gleich zugeschnitten sind.

Es wird alle zwei Jahre neu gewählt - einmal zeitgleich mit der Präsidentschaftswahl (so wie in diesem Jahr) und in der Mitte zwischen zwei Präsidentschaftswahlen, daher auch Zwischenwahlen oder Midterm Elections genannt.

Zurzeit haben die Republikaner mit 220 Abgeordneten die Mehrheit im Repräsentantenhaus, die Demokraten stellen 212 Abgeordnete, drei Sitze sind vakant.

Der Senat besteht aus 100 Abgeordneten, die 50 Bundesstaaten stellen je zwei Senatoren. Ihre Amtszeit dauert sechs Jahre. Alle zwei Jahre wird rund ein Drittel des Senats neu gewählt. Bei der Wahl am 5. November geht es um 34 Sitze, die vergeben werden.

Derzeit haben die Demokraten eine hauchdünne Mehrheit von 48 Senatoren plus drei Unabhängigen. Die Republikaner stellen 49 Senatoren.

Repräsentantenhaus und Senat machen auf Bundesebene die Gesetze, beispielsweise entscheiden sie über den Haushalt und haben damit in der zentralen Frage, für was Geld ausgegeben wird, das Sagen. Hat die Partei des Präsidenten in beiden Kammern eine Mehrheit, kann er vergleichsweise einfach regieren. Seit Jahren ist das allerdings nicht der Fall.

Das derzeit republikanisch kontrollierte Repräsentantenhaus hat in der Vergangenheit mehrfach Pläne der Biden-Regierung durchkreuzt. Beispielsweise einigten sich beide Seiten erst nach monatelanger Verzögerung im April 2024 auf ein milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine.

Umfragen zufolge, auf die sich der Sender CNN bezieht, könnten sich bei der Wahl die Mehrheitsverhältnisse in beiden Kammern umdrehen: Möglich wäre, dass dann im Repräsentantenhaus die Demokraten die Mehrheit hätten und im Senat die Republikaner.

Wie verlief der Wahlkampf?

Erst sah alles nach einer Neuauflage des Wahlkampfes von 2020 aus: Donald Trump gegen Joe Biden, nur in umgetauschten Rollen. Doch dann trafen die beiden Kandidaten im Frühsommer in einem Fernsehduell aufeinander.

Biden (81) verhaspelte sich mehrfach, verlor immer wieder den Faden und sah gegenüber Trump (78) sprichwörtlich alt aus - und das vor einem Millionenpublikum, das er eigentlich von seiner Fitness überzeugen wollte.

In der Demokratischen Partei wuchs der Druck auf ihn - keine vier Wochen später kündigte Biden per Mitteilung auf X an, nicht mehr zu kandidieren und seine Vizepräsidentin Kamala Harris zu unterstützen.

Anders als von vielen erwartet kam es in der Partei nicht zu einem Schaulaufen potenzieller Kandidaten - relativ schnell war klar, dass sich alle zu Harris bekennen. Auf dem Parteitag in Chicago im August nahm sie die Kandidatur an.

Nicht minder aufsehenerregend verlief der Wahlkampf für die Republikaner. Bei einem Wahlkampfauftritt in der Kleinstadt Butler im Bundesstaat Pennsylvania im Juli wurde ein Attentat auf Trump verübt.

Der Schütze verfehlte Trump nur knapp, eine Kugel verletzte ihn leicht am Ohr. Um die Welt gingen die Bilder, wie Trump Sekunden danach mit erhobener Faust von seinen Sicherheitsleuten von der Bühne geführt wird.

Wenige Tage danach ließ er sich auf dem Parteitag in Milwaukee offiziell zum Kandidaten der Republikaner küren. In seiner ersten Rede nach dem Attentat gab er sich zunächst gemäßigt, hetzte dann aber in gewohnter Manier gegen Migranten.

Auch im Verlauf des weiteren Wahlkampfes verbreitete er Unwahrheiten und beleidigte mehrfach seine Konkurrentin Harris - etwa indem er sie als "geistig beeinträchtigt" bezeichnete. Für Entsetzen sorgten auch seine Drohungen, gegen politische Gegner mit dem Militär vorzugehen.

Im zweiten Fernsehduell - diesmal Harris gegen Trump - im September gelang der Demokratin ein souveräner Auftritt, immer wieder provozierte sie Trump, etwa mit der Aussage, Zuschauer seiner Wahlveranstaltungen verließen diese oft vorzeitig aus Langeweile.

Beherrschende Themen im Wahlkampf waren neben Migration und dem Thema Abtreibungsrecht vor allem der Kampf gegen hohe Preise.

Harris fokussierte sich auf die Mittelschicht und versprach etwa Freibeträge von 6.000 Dollar für jedes neugeborene Kind. Trump versprach Steuererleichterungen für Unternehmen und Superreiche. Zudem kündigte er eine kräftige Erhöhung der Einfuhrzölle.

Wie sehen die Umfragen zur Präsidentenwahl aus?

Wie bei jeder US-Wahl der vergangenen Jahre sagen die Umfragen auch diesmal wieder ein enges Rennen voraus.

Nachdem feststand, dass Harris statt Biden antritt, wuchsen ihre Werte in den Umfragen - doch der Trend scheint gestoppt. Ein Durchschnitt mehrerer Umfragen, den das Analyseportal Fivethirtyeight veröffentlicht, zeigt, dass Harris und Trump in etwa gleichauf liegen.

Die New York Times fasst die Werte so zusammen: "In den sieben Swing States, die wahrscheinlich über das Ergebnis dieser Wahl entscheiden werden, sind die Umfragen so bemerkenswert eng, dass keiner der Kandidaten auf dieser letzten Strecke einen aussagekräftigen Vorsprung hat." Mit anderen Worten: Es kommt auf jede Stimme an.

In einer früheren Version dieses Artikels wurden Berechnungen der New York Times falsch wiedergegeben. Die Zeitung geht nicht davon aus, dass Trump mit 170 gesicherten Stimmen von Wahlleuten rechnen kann, sondern mit 219.

Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen