Waffenlieferung an die Ukraine Göring-Eckardt drängt auf Ringtausch-Alternativen
Mit einem Ringtausch-Verfahren sollte die Ukraine mit Waffen unterstützt werden - doch das Verfahren stockt - und dafür hagelt es Kritik. Grünenpolitikerin Göring-Eckardt fordert nun, Alternativen und zeigt sich offen für direkte Panzerlieferungen.
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt hat die Bundesregierung aufgefordert, nach neuen Wegen für die Unterstützung der Ukraine mit Waffen zu suchen - und ist dabei auch offen für direkte Panzerlieferungen aus Deutschland. Die Grünen-Politikerin reagierte damit auf Probleme beim sogenannten Ringtausch, bei dem östliche Bündnispartner von Deutschland für die Lieferung von Waffen sowjetischer Bauart mit westlichen Fabrikaten entschädigt werden sollen.
"Der Ringtausch funktioniert nicht wie geplant", sagte Göring-Eckardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Alternativen gehören auf den Tisch. Etwa, direkt Waffen zu liefern, wenn wir das können. Das zu klären, ist die Aufgabe der Bundesregierung in den nächsten Tagen." Sie wäre auch für direkte Panzerlieferungen, "wenn das schneller geht und wir oder andere Partner es können", sagte Göring-Eckardt. Deutschlands Rolle bestehe jetzt vor allem darin, "eine ausreichende Unterstützung der Ukraine mit Waffen zu organisieren - die müssen auch tatsächlich ankommen".
Auch Baerbock für Alternativen
Zuvor hatte bereits Außenministerin Annalena Baerbock eingeräumt, dass die seit Monaten verfolgte Strategie des Ringtauschs zur Versorgung der Ukraine mit schweren Waffen nicht so funktioniere wie geplant. "Wenn dieser Weg nicht richtig war (...), dann müssen wir das natürlich reflektieren und schauen, wie wir dann anderweitig aktiv werden können", sagte Baerbock in einem "Bild"-Interview.
In Kriegssituationen wisse man eben nicht immer gleich, was der perfekte Weg sei. Baerbock sagte weiter, der Ringtausch sei auf den Weg gebracht worden, "weil er uns zu dem Zeitpunkt als das beste und schnellste Mittel schien". Nun müsse sich die Bundesregierung mit der Frage beschäftigen, warum ein solcher Tausch "offensichtlich nicht passiert und ob wir dann andere Unterstützung leisten müssen".
Die Idee des Ringtauschs war kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs entstanden. Ziel war es eigentlich, die Ukraine möglichst schnell mit schweren Waffen zu versorgen. Dazu sollten östliche NATO-Partner Waffen sowjetischer Bauart, mit denen die ukrainischen Soldaten ohne Zusatzausbildung umgehen können, zur Verfügung stellen. Als Ersatz sollten sie von Bündnispartnern wie Deutschland westliche Fabrikate erhalten.
Ringtausch-Verhandlungen mit mehreren Ländern
Die Bundesregierung führte dazu Verhandlungen mit Polen, Tschechien, der Slowakei, Slowenien und Griechenland, in denen es vor allem um Panzerlieferungen ging. Im Mai erklärte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, dass Deutschland Tschechien 15 Leopard-2-Panzer aus Industriebeständen zur Verfügung stellen wolle, um die Lieferung von 20 T-72-Panzern sowjetischer Bauart auszugleichen.
Polen verärgert
Stattdessen gibt es nun Ärger mit Polen, das Kompensation für die Lieferung von mehr als 200 T-72-Panzern in die Ukraine verlangt. Ein deutsches Angebot über die Bereitstellung von 20 Leopard-Panzern des Typs 2A4 wies die polnische Regierung am Wochenende als unzureichend zurück. Man benötige mindestens 44 Panzer, um ein Bataillon ausstatten zu können, sagte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak dem Nachrichtenportal "wPolityce.pl". Vizeaußenminister Szymon Szynkowski vel Sek hatte zuvor im "Spiegel" von einem "Täuschungsmanöver" Deutschlands gesprochen.
Aus dem deutschen Verteidigungsministerium heißt es, dass Polen schon in einer frühen Phase der Verhandlungen 100 verfügbare Panzer vom Typ Leopard 1 in gutem Zustand angeboten worden seien. Diese seien als zu alt abgelehnt worden. Es sei deutlich geworden, dass Polen auf dem Leopard 2 bestehe. Aus Beständen der Bundeswehr seien diese aber nicht zu liefern.
Ein Sprecher der Bundesregierung erklärte am Wochenende, man habe die Äußerungen aus Warschau zur Kenntnis genommen. "Die Bundesregierung ist weiterhin bereit, auch mit Polen einen Ringtausch zu organisieren." In Berlin hieß es aber auch, man habe die scharfe Tonlage aus Warschau mit Verwunderung aufgenommen, da die Gespräche auf Fachebene konstruktiv verlaufen seien.
Baerbock weist Kritik aus Warschau zurück
Außenministerin Baerbock hatte in der "Bild" den von Warschau erhobenen Vorwurf des Wortbruchs und des Täuschungsmanövers in Zusammenhang mit dem Panzer-Ringtausch zurückgewiesen: "In so einer Situation täuscht niemand seinen europäischen Nachbarn." Sie fügte hinzu: "Von Anfang an war klar, dass wir nicht von heute auf morgen mit einem Fingerschnips jeden einzelnen Panzer ersetzen können." Deutschland könne keine neuen Panzer liefern, über die die Bundeswehr selbst nicht verfüge, sagte die Grünen-Politikerin. Andere könnten hingegen sofort geliefert werden.
Göring-Eckardt sagte dazu: "Die Wortmeldung aus Polen mag undiplomatisch gewesen sein, sie ist aber ein Weckruf". "Waffenlieferungen entscheiden mit über die Dauer des Krieges, über Menschenleben." Die Bundestagsvizepräsidentin mahnte: "Es macht einen Unterschied, ob Waffen geliefert werden oder nicht.“
Scholz: Kein Alleingang
Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat bisher stets darauf verwiesen, dass Deutschland nicht im Alleingang neue Waffengattungen bereitstellen werde. "Wir orientieren uns immer bei dem, was wir machen, an den Lieferungen der Verbündeten, insbesondere den USA. Und das werden wir auch weiter tun", hatte Scholz beim Nato-Gipfel gesagt. Bisher hat kein NATO-Verbündeter Kampfpanzer westlicher Bauart an die Ukraine geliefert - auch die USA nicht.