Bildungsgipfel Es braucht mehr Druck
Das Aufbruchsignal durch den Bildungsgipfel gab es nicht oder zumindest nicht im erhofften Maß. In der Bildungspolitik muss sich aber dringend etwas ändern, dafür braucht es vor allem mehr Druck - auch von Eltern und Schülern.
Deutschland kann es sich nicht leisten, die Bildungspolitik weiterhin denen zu überlassen, die bisher dafür verantwortlich sind. Denn deren Bilanz ist niederschmetternd: Kitas können ihren Bildungsauftrag nicht erfüllen, weil es viel zu wenig Erzieherinnen und Erzieher gibt. Viele Kinder bekommen nicht mal einen Kitaplatz. In den Grundkompetenzen Rechnen, Schreiben, Lesen, Zuhören erreicht jedes fünfte Grundschulkind nicht einmal die Mindeststandards.
Auch an den weiterführenden Schulen sinkt das Leistungsniveau. Der Lehrermangel ist gravierend, Unterrichtsausfall Alltag. Über eine halbe Million junge Menschen sind ohne Abschluss, ohne Ausbildung, ohne Arbeit. Und der schulische Erfolg eines Menschen hängt in Deutschland noch immer stark von der sozialen Herkunft ab. So sieht es aus.
Ein Signal des Aufbruchs?
Dass sich da etwas ändern muss, ist ja wohl klar. Das findet auch die Bundesbildungsministerin. Von ihrem sogenannten Gipfel sollte ein Signal des Aufbruchs ausgehen, aber es ist nur halb gelungen. Das liegt an der Ministerin selbst, die den Bildungsgipfel zu einer Art Beiprogramm einer ohnehin stattfindenden Bildungstagung gemacht hat. Nicht sehr geschickt.
Das liegt aber vor allem am Unwillen der unionsgeführten Bundesländer, die das Treffen boykottiert haben, weil ihnen Vorbereitung, Einladungspolitik und was sonst noch alles nicht gepasst hat. Angesichts des gigantischen Problembergs klingt das wie eine Ausrede. Aber um ein Gespräch mit allen Beteiligten zu schwänzen, gibt es keine guten Gründe.
Von den Unionsministerinnen und -ministern abgesehen, haben beim Treffen in Berlin dann aber doch alle Beteiligten miteinander geredet: Experten, Wissenschaftler, Eltern, Lehrer, Schülerinnen, Politiker von Bund, Ländern und Kommunen. Vielleicht könnte das tatsächlich der Anfang sein für eine neue Kultur des Miteinanders - und ganz anders als das Gewürge zwischen Bund und Ländern, wie wir es beim Digitalpakt oder der Einmalzahlung für Studierende erlebt haben.
Alle Beteiligten können unbequemer werden
Klar, Bildung ist Ländersache und es ist keine Mehrheit in Sicht, die das ändern könnte. Aber wir können es uns wirklich nicht mehr leisten, die Bildung weiterhin denen zu überlassen, die bisher dafür verantwortlich sind. Und wenn bisher nicht mal der Problemdruck gereicht hat, etwas zum Guten zu wenden, dann muss jetzt eben auch der politische Druck erhöht werden.
Alle Beteiligten, vor allem aber Lehrer und Eltern, Schüler und meinetwegen Großeltern, können unbequemer werden. Sie können demonstrieren, vielleicht sogar streiken. Sie haben mehr Macht als sie denken: sie sind Wähler oder werden es bald sein.