Nach Sturz von Machthaber Assad Union macht weiter Druck bei Rückkehr von Syrern
Die Unionsfraktion fordert einen schnellen Rückkehrplan für syrische Geflüchtete. Daran gibt es weiter Kritik - von Migrationsforschern, aber auch von der Gewerkschaft ver.di, die Probleme für den Arbeitsmarkt sieht.
Schon kurz nach dem Sturz von Syriens Machthaber Bashar al-Assad gab es aus der Union Forderungen nach einem schnellen Plan für die Rückkehr syrischer Geflüchteter in ihr Heimatland - der prompt auf Kritik stieß. Nun fordert die CDU/CSU-Bundestagsfraktion von der Bundesregierung einen zügigen Rückkehrplan für Syrerinnen und Syrer.
Es müsse Reisebeihilfe und Startgeld für diejenigen Flüchtlinge geben, die freiwillig nach Syrien zurückkehren wollen, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz von der CSU der Bild-Zeitung. Straftäter und Gefährder sowie alle, die "sich nicht integriert haben, also zum Beispiel nach Jahren noch nicht arbeiten", müssten zudem sofort abgeschoben werden. Bei "allen weiteren Personen" müsse im Einzelfall geschaut werden, was für einen Verbleib und was für eine Rückführung spreche, sagte Lindholz.
Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte von der Bundesregierung eine "Roadmap", um die Rückkehr von Syrern zu unterstützen. Durch den Wegfall von Fluchtgründen sei in vielen Fällen auch der Wegfall von Aufenthaltsberechtigungen zu erwarten.
Merz zurückhaltend
Etwas zurückhaltender äußerte sich Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz: Durch den Sturz Assads könne es "so sein, dass auch der Rückweg für die Flüchtlinge jetzt eröffnet ist", sagt der CDU-Chef. "Wenn es so ist, dann sollte man ihnen dabei helfen. Für mich ist das heute noch zu früh, darüber ein endgültiges Urteil abzugeben."
FDP: Bürgerkrieg muss dauerhaft enden
Die FDP forderte die Bundesregierung unterdessen auf, schnell mit den neuen Machthabern in Syrien Kontakt aufzunehmen. Die Bundesregierung müsse darauf hinwirken, dass der Bürgerkrieg dauerhaft endet, keine politische Verfolgung stattfindet und menschenwürdige Zustände im Land herrschen, sagte Generalsekretär Marco Buschmann der Bild. Dafür müssten notfalls Mittel aus der Entwicklungszusammenarbeit umgeschichtet werden. Wenn das gelinge, könnten hunderttausende Syrer aus Deutschland in ihre Heimat zurückkehren.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich in der Debatte zurückhaltend geäußert. "Mein konkreter Plan ist erst mal, dass wir uns die Situation genau anschauen", sagte der SPD-Politiker in den tagesthemen. Auch Scholz' Parteikollege, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, warnte vor vorschnellen Schlüssen: "Wir müssen einigermaßen verlässlich wissen, wie es weitergeht, bevor wir gegebenenfalls einen neuen Kurs einschlagen", sagte er.
Migrationsforscher rechnet nicht mit massenhafter Rückkehr
Der Migrationsforscher Jochen Oltmer kritisierte in der Augsburger Allgemeinen die Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland. Rückkehrdebatten seien oft unnötig und verunsicherten diejenigen, die sich längst integriert haben. Unternehmen, Schulen und Kommunen hätten viel in die Integration investiert. "Diese Erfolge durch Rückkehrforderungen zu gefährden, wäre kontraproduktiv", sagte Oltmer.
Er rechne aber eh nicht damit, dass eine sehr große Zahl syrischer Kriegsflüchtlinge aus Deutschland in ihr Herkunftsland zurückkehren wird. Alle Erfahrungen - beispielsweise nach dem Jugoslawien-Krieg in den 1990er-Jahren - zeigten, dass Geflüchtete viele Bindungen in der Ankunftsgesellschaft entwickeln, sagte Oltmer. "Wir sprechen über sehr viele Betroffene, die als Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in die Bundesrepublik gekommen sind, hier zur Schule gegangen sind, ihre Ausbildung gemacht haben oder die Zukunft ihrer Kinder in Deutschland sehen."
Ver.di: Viele Syrer inzwischen Gewerkschaftsmitglied
Die Rückführung von Syrern in großem Stil sei auch schlecht für den deutschen Arbeitsmarkt, warnte Frank Werneke, Chef der Gewerkschaft ver.di. "Viele sind hier auf dem Arbeitsmarkt integriert und etabliert und auch wichtig für uns", sagte er. Syrerinnen und Syrer arbeiteten etwa im Versandhandel, im Bereich der Zustellung oder in der Pflege. Viele seien inzwischen Gewerkschaftsmitglieder geworden.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte am Montag entschieden, über Asylanträge von Menschen aus Syrien wegen der dynamischen Entwicklung der Lage im Land vorerst nicht zu entscheiden.