Niedrige Wasserstände Rhein-Pegelstand in Emmerich auf Rekordtief
Die niedrigen Wasserstände machen der deutschen Binnenschifffahrt zu schaffen. Noch ist der Verkehr nicht ganz zum Erliegen gekommen. In Zukunft könnte sich das Problem laut Bundesverkehrsminister Wissing verschärfen.
Am Rhein, Deutschlands wichtigster Wasserstraße, zeichnet sich angesichts ausbleibender Regenfälle kein Ende des extremen Niedrigwassers ab - im Gegenteil: Im nordrhein-westfälischen Emmerich nahe der Grenze zu den Niederlanden wurde ein rekordtiefer Pegelstand von nur noch vier Zentimetern gemessen.
Damit wurde der bisherige Tiefstwert vom Herbst 2018 mit damals sieben Zentimetern unterboten. Das teilte die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) mit. Laut der Prognose könnte schon morgen ein Pegel von null erreicht werden. Die für die Schifffahrt entscheidenden Fahrrinnentiefe lag in Emmerich zuletzt bei knapp zwei Metern.
Rhein-Schifffahrt: Pegelstand bei Kaub bei 32 Zentimetern
Der Pegelstand bei Kaub zwischen Mainz und Koblenz in Rheinland-Pfalz sank zu Wochenbeginn ebenfalls weiter: von 37 Zentimeter am Sonntag auf nur noch 32 Zentimeter zu Beginn der neuen Woche. Kaub gilt als wichtiger Knotenpunkt für die Binnenschifffahrt auf dem oberen Rhein. "Es fahren noch Schiffe, aber weniger und mit geringerer Ladung", sagte der Sprecher des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Rhein, Florian Krekel, der Nachrichtenagentur Reuters zu den Folgen. "Der Verkehr ist noch nicht ganz zum Erliegen gekommen."
Kaub gilt als wichtiger Knotenpunkt für die Binnenschifffahrt auf dem oberen Rhein.
Für die nächsten drei bis vier Tage wird vorhergesagt, dass die Wasserstände weiter flussabwärts am Niederrhein um weitere fünf bis zehn Zentimeter fallen, wie das Amt betonte. Am Mittelrhein dürfte das Niveau überwiegend konstant bleiben. "Die 14-Tage-Vorhersagen deuten weiter auf einen leichten Anstieg der Wasserstände ab Mitte dieser Woche hin", heißt es dazu. "Dieser fällt jedoch nicht signifikant aus, die Wasserstände bleiben auf einem niedrigen Niveau." Der bisher niedrigste Stand wurde mit 25 Zentimetern am 22. Oktober 2018 gemessen.
Die Rheinfähre in Nierstein stellte am Morgen ihren Betrieb vorläufig ein. Ursache sei das extreme Niedrigwasser im Fluss, teilte das Unternehmen im Kreis Mainz-Bingen mit. Wann die Fähre wieder fahren könne, sei ungewiss. Autofahrer müssen nun beträchtliche Umwege in Kauf nehmen, um auf die andere Rheinseite zu gelangen.
Schifffahrt auf dem Oberrhein größtenteils eingestellt
Das Logistik-Unternehmen Contargo Rhein-Neckar GmbH stellte die Schifffahrt auf dem Ober- und Mittelrhein weitestgehend ein. Vereinzelt führen noch Schiffe, allerdings könnten diese nicht nennenswert beladen werden, so der Managing Director von Contargo Rhein-Neckar, Marco Speksnijder, laut Informationen des swr.
Für den Warentransport müsse deshalb auf Lkw und Züge ausgewichen werden. Über eine Landbrücke werden die Container zu einem Terminal in Duisburg transportiert und auf dem Niederrhein weiterverschifft. Dort sei die Binnenschifffahrt aktuell noch möglich. Allerdings seien die Kapazitäten für den Containertransport auf dem Land begrenzt, so Speksnijder.
Schiffe nur noch mit 600 Tonnen beladen
Auch in Köln etwa nähert sich der Pegelstand dem Rekordtief aus dem Jahr 2018. "Das hat extreme Auswirkungen auf die Wasserstraße Rhein", sagte der Sprecher der Häfen und Güterverkehr Köln AG, Christian Lorenz, zu Reuters. Als Beispiel nannte er Salzlieferungen aus Heilbronn. Das für die chemische Industrie wichtige Steinsalz wird über den Rhein transportiert. "Anfang März konnten die Schiffe noch mit etwa 2200 Tonnen beladen werden", sagte Lorenz. "Wegen der niedrigen Pegelstände waren zuletzt nur noch 600 Tonnen möglich." 2018 waren zeitweise sogar nur 300 Tonnen machbar. "Dem nähern wir uns wieder an", so der Sprecher.
Wissing: Künftig immer wieder mit Niedrigwasser rechnen
In Zukunft könnte sich das Problem der niedrigen Wasserstände laut Bundesverkehrsminister Volker Wissing weiter verschärfen. "Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass wir uns langfristig aufgrund des Klimawandels immer wieder auf extreme Niedrigwasser-Situationen einstellen müssen", sagte Wissing der "Rheinischen Post".
Der Rhein ist die wichtigste Wasserstraße Deutschlands. Wegen der niedrigen Wasserstände können Schiffe aktuell deutlich weniger Ladung transportieren. Dies erhöht die Transportkosten für die Industrie und verschärft die ohnehin angespannte Lage in der Logistik. Verkehrsminister Wissing sprach sich für einen Ausbau der Infrastruktur aus. Es sei "wichtig, dass wir Maßnahmen, wie etwa die Engpassoptimierung am Mittelrhein, möglichst schnell umsetzen", sagte er der Zeitung.
Auch der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) hatte zuletzt eine rasche Umsetzung geplanter Baumaßnahmen gefordert. Notwendig seien insbesondere Vertiefungen der Fahrrinnen in Rhein und Donau.
Ökonomen fürchten nun weitere Einbußen für die ohnehin schon schwächelnde deutsche Wirtschaft. Sinken die Wasserstände weiter, nimmt laut Experten der Deutschen Bank, der Landesbank Baden-Württemberg und des Kieler Instituts für Weltwirtschaft die Gefahr einer Rezession zu. Denn vor allem die Versorgung der Kohlekraftwerke ist gefährdet. Sie werden für die Stromproduktion verstärkt benötigt, weil Russland die Gaslieferungen gedrosselt hat.
"Leichter Anstieg der Wasserstände"
In den kommenden Wochen sei mit einer leichten Entspannung der Lage zu rechnen, sagte Wissing weiter. So deute die jüngste Sechs-Wochen-Vorhersage der Experten seines Hauses "auf leichte Wasseranstiege und eine Stabilisierung der Wasserstände auf niedrigem Niveau hin". Die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) prognostizierte zuletzt einen "leichten Anstieg der Wasserstände".
Die erwarteten Niederschlagsmengen würden jedoch zu gering ausfallen, "um an den größeren Flüssen eine nachhaltige Entspannung der Niedrigwassersituation zu bewirken". Es sei daher auch weiterhin mit Einschränkungen bei der Schifffahrt zu rechnen.