Scholz vor der UN-Generalversammlung Suche nach neuer Weltordnung
Bei seiner Rede vor den Vereinten Nationen wollte Bundeskanzler Scholz nicht nur Russland rhetorisch abstrafen. Scholz habe vielmehr eine neue Weltordnung vorgeschlagen.
Respekt. Erinnert sich noch jemand? Es war DAS Wahlkampfwort von Olaf Scholz. Jetzt hat er erstmals bei den Vereinten Nationen gesprochen. Und mit Respekt - wenn auch dem englischen "respect" - eröffnet er seine Rede in New York.
Dahinter verbirgt sich ein anspruchsvolles Konzept, das nicht weniger als eine neue Weltordnung meint. Eine des Respekts eben, statt mit dem überkommenen Machtgefälle zwischen ehemaligen Kolonialmächten und den von ihnen heimgesuchten Staaten.
Im Zeichen dieses Respekts steht seine Rede vor den Vereinten Nationen. Da geht es um weit mehr, als Russland für seinen Überfall rhetorisch abzustrafen. Scholz spricht von einer globalen Friedensordnung, die sich gegen Imperialismus und Neo-Kolonialismus durchsetzen müsse. Er fordert mehr Zusammenarbeit, mehr Partnerschaft, mehr Beteiligung.
Eine Weltordnung des Respekts
Natürlich geht es auch um den Versuch, Länder bei der Stange zu halten, die den Ukraine-Krieg eher aus der Ferne verfolgen. Die ihn als einen europäischen Krieg betrachten und sich über eine gewisse Doppelmoral wundern dürften von Europäern, die sich mit dem Krieg im Jemen oder in Syrien offenbar abgefunden haben. Die nun aber, angesichts von Waffengewalt vor ihrer Haustür, das ganze Arsenal von Sanktionen und Waffenlieferungen aufbieten und um weltweiten Rückhalt werben.
Doch es spricht viel dafür, dass Olaf Scholz nicht nur Verbündete gegen Russland sucht, sondern dass es ihm ernst ist mit seiner neuen Weltordnung des Respekts. Da war der G7-Gipfel auf Schloss Elmau. Dorthin hat er als Gastgeber auch Indien, Indonesien, Argentinien, Südafrika und Senegal eingeladen. In New York spricht er mit den sogenannten Kleinen Inselentwicklungsländern und der Afrikanischen Gruppe, er nimmt am Ernährungsgipfel teil.
Noch sind für das neue Miteinander viele Leerstellen zu füllen. Sonst bliebe es bei einer reinen Gegenerzählung in erster Linie zu Russland. Und das wäre zu wenig für das große Ziel, das Olaf Scholz bei den Vereinten Nationen skizziert hat. Dieses Ziel braucht Vertrauen, Zeit, gemeinsame Grundprinzipien. Damit es eben nicht nur ein kurzes Aufflackern in Zeiten des Krieges ist.
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