Bundespolizisten kontrollieren am Grenzübergang zwischen Österreich und Deutschland Fahrzeuge.

Einschätzung des Innenministeriums Sicherheitslage nach Umsturz in Syrien stabil

Stand: 11.12.2024 08:53 Uhr

Sicherheitsbehörden sehen nach der Machtübernahme der Islamisten in Syrien vorerst keine Gefahr für Deutschland. Die neuen Verhältnisse könnten die Lage in Nahost verändern - und deutsche Islamisten zur Ausreise bewegen.

Das Bundesinnenministerium sieht keine verschärfte Gefährdungslage in Deutschland nach dem militärischen Erfolg der islamistischen Rebellen in Syrien. Die führende Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) folge "erkennbar einer nationalen, gegen die syrische Regierung gerichteten Agenda", sagte eine Ministeriumssprecherin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das Ziel der Rebellen sei in erster Linie der Sturz des syrischen Regimes gewesen. In der islamistischen Ideologie stecken jedoch auch Gefahren für die Region und darüber hinaus.

Nach dem Sturz des Präsidenten Baschar al-Assad gehe nun um die "Errichtung eines islamischen Staates sunnitischer Prägung innerhalb der Grenzen des syrischen Nationalstaates, wobei vorwiegend einer salafistischen Lesart des Islams gefolgt wird", erklärte die Sprecherin weiter. In ideologischen Verlautbarungen komme allerdings auch die Rückeroberung Jerusalems als "Fernziel" vor. Israel hatte bereits am Wochenende begonnen, in die UN-kontrollierte Pufferzone zwischen den beiden Länder vorzurücken und Luftangriffe zu fliegen.

Auswirkungen auf Islamistenszene in Deutschland möglich

In Deutschland erwartet das Bundesinnenministerium eher die Gefahr, dass Islamisten nun nach Syrien ausreisen wollten - zum Kämpfen: "Der Konflikt und die kurzfristigen Erfolge der HTS-Offensive könnten die islamistische Szene in Deutschland motivieren, die Propaganda der HTS zu verbreiten sowie Ausreiseversuche in Richtung Syrien zu unternehmen und sich an dortigen Kämpfen zu beteiligen", sagte die Sprecherin. Das liege auch an der "weitgehend positiven Wahrnehmung" der militärischen Erfolge gegen das Regime von Assad "in weiten Teilen" der dschihadistischen Szene.

Abhängig von der weiteren Entwicklung in Syrien wäre es auch vorstellbar, dass sich die allgemeine humanitäre Lage in der Region Idlib aufgrund der militärischen Auseinandersetzung so verschlechtere, dass dies für an Waffen ausgebildete Menschen mit Deutschlandbezug "Motivator für eine Rückkehr nach Deutschland" sein könnte, sagte die Ministeriumssprecherin. Diese könnten dann wiederum aufgrund ihrer Ideologisierung oder ihrer Kampferfahrung ein Sicherheitsrisiko darstellen.

Freude auch bei eigentlich konkurrierenden Gruppen

"Generell können militärische Erfolge - soweit sie propagandistisch entsprechend instrumentalisiert werden - das Ansehen und die Attraktivität" dschihadistischer Gruppen erhöhen, fuhr die Sprecherin fort. Der überraschende Erfolg von Gruppierungen wie der HTS werde auch in dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahestehenden Kreisen und vereinzelnd unter Sympathisanten der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) "positiv aufgenommen". 

Die HTS ist aus der Al-Nusra-Front hervorgegangen, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida, und wird bislang von den USA, Großbritannien und der EU als Terrororganisation eingestuft.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 11. Dezember 2024 um 09:00 Uhr.