Krieg gegen die Ukraine ++ Selenskyj fordert weitere Sanktionen ++
In einem Telefonat mit Italiens Regierungschef Draghi hat der ukrainische Präsident Selenskyj eine Ausweitung der Russland-Sanktionen gefordert. Moskau verhängt weitere Einreisesperren gegen US-Amerikaner. Die Entwicklungen vom Samstag zum Nachlesen.
- Selenskyj bekräftigt Forderung nach mehr Sanktionen
- Moskau verhängt weitere Einreisesperren gegen Amerikaner und Kanadier
- Russland will eine westliche Waffenlieferung in der Ukraine zerstört haben
- Die Ukraine befürchtet, dass russische Truppen weiter vordringen
- Laut UN sind mehr als 6,4 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen
Ende des Liveblogs
Damit endet der Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse. Den Liveblog von Sonntag können Sie hier lesen:
Behörden: Erneut mehrere Zivilisten in Ukraine getötet
Die Ukraine hat Russland für den Tod von sieben Zivilisten in dem von Regierungstruppen kontrollierten Teil der Region Donezk im Osten des Landes verantwortlich gemacht. Das schrieb der Gouverneur des Gebiets, Pawlo Kirilenko, im Nachrichtenkanal Telegram.
Allein im Ort Lyman seien drei Menschen getötet worden. Der Gouverneur äußerte sich zunächst nicht zu den genauen Umständen. Zudem seien insgesamt sieben Menschen verletzt worden. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. "Jeder Kriegsverbrecher wird bestraft", sagte Kirilenko.
Separatisten: 78 Frauen unter Kriegsgefangenen aus Asow-Stahlwerk
Unter den im Stahlwerk Azovstal in der Hafenstadt Mariupol in der Südostukraine gefangen genommenen Kämpfern sind laut den prorussischen Separatisten auch 78 Frauen. Der Chef der Donezker Separatisten, Denis Puschilin, sagte der russischen Staatsagentur Tass zufolge, es seien zudem Ausländer in russische Gefangenschaft gekommen.
Eine Zahl nannte er zunächst nicht. Am Freitagabend hatte das russische Verteidigungsministerium die komplette Einnahme des über Wochen belagerten Stahlwerks am Asowschen Meer mitgeteilt. Nach Angaben aus Moskau kamen insgesamt 2439 ukrainische Soldaten seit dem 16. Mai in russische Gefangenschaft.
Bürgermeister von Mariupol warnt vor Katastrophe
Der Bürgermeister der ukrainischen Stadt Mariupol hat vor einer gesundheitlichen Katastrophe gewarnt. "Zusätzlich zu der humanitären Katastrophe, die von den (russischen) Besatzern und Kollaborateuren ausgelöst wurde, befindet sich die Stadt kurz vor einem Ausbruch von Infektionskrankheiten", teilte Bürgermeister Wadim Bojtschenko in der Nachrichten-App Telegram mit.
Er verwies darauf, dass es Massengräber in Gruben in der Stadt gebe. Zudem versagten Abwassersysteme. Regenfälle könnten Wasserquellen verunreinigen, sagte Bojtschenko. Er rief die russischen Soldaten auf, Einheimische aus der Stadt zu lassen.
Selenskyj bekräftigt Forderung nach mehr Sanktionen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj pocht auf eine Ausweitung der Sanktionen gegen Russland. Nach einem Telefonat mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi unterstreicht er die Notwendigkeit, dass die Blockade der ukrainischen Seehäfen aufgehoben wird. In einem Tweet dankt er Draghi für die bedingungslose Unterstützung des Wunsches, Mitglied der Europäischen Union zu werden.
Russischer Politiker: Austausch von Mariupol-Kämpfern im Gespräch
Aussagen des prominenten russischen Außenpolitikers Leonid Sluzki zufolge ist ein möglicher Austausch der in Mariupol gefangen genommenen ukrainischen Kämpfer gegen den prorussischen Politiker Viktor Medwedtschuk im Gespräch. "Wir werden die Möglichkeit eines Austauschs von Medwedtschuk gegen die Asow-Kämpfer prüfen", sagte Sluzki der Agentur Interfax zufolge.
In den vergangenen Tagen hatten sich in Mariupol mehr als 2400 ukrainische Soldaten ergeben. Sie hatten sich zuvor wochenlang in den Bunkeranlagen des Asow-Stahlwerks verschanzt und die Hafenstadt gegen die russischen Besatzer verteidigt.
Der Politiker und Oligarch Medwedtschuk, der Mitte April festgenommen wurde, gilt als engster Verbündeter von Kremlchef Wladimir Putin in der Ukraine. Ihm werden in Kiew Hochverrat und Unterschlagung vorgeworfen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schlug bereits vor Wochen vor, ihn gegen ukrainische Gefangene auszutauschen.
Verzweifelte Zivilisten in Luhansk
Die Region Luhansk in der Ostukraine ist inzwischen Schauplatz besonders heftiger Gefechte. Zivilisten versuchen verzweifelt, die Region zu verlassen. Unterdessen bemüht sich Präsident Selenskyj, der Bevölkerung Mut zu machen, berichtet Rebecca Barth.
Asowstal-Betreiber: Russen wollen Verbrechen vertuschen
Der Geschäftsführer des Besitzers der Stahlfabrik Asowstal in Mariupol, Jurij Ryschenkow, hat die Zerstörung in der ukrainischen Stadt beschrieben. "Die Russen versuchen sie aufzuräumen, um ihre Verbrechen zu vertuschen", sagte Ryschenkow vom Unternehmen Metinvest in einem Interview der Zeitung "Corriere della Sera". Es werde versucht, den Betrieb in Mariupol wiederherzustellen.
Metinvest besitzt neben Asowstal noch die Stahlfabrik Ilyich in Mariupol. Dort sei die Infrastruktur zum Teil noch intakt, sagte Ryschenkow in dem Interview. Sollte Russland versuchen, den Betrieb dort aufzunehmen, würden sich Ukrainer weigern, dort wieder zu arbeiten, sagte er. "Wir werden niemals unter russischer Besatzung arbeiten."
Russland hatte am Freitag behauptet, es habe die Stahlfabrik Asowstal eingenommen. Diese war zum Symbol des ukrainischen Widerstands gegen Russland geworden. Das russische Verteidigungsministerium gab an, Soldaten hätten die letzten ukrainischen Kämpfer aus der Anlage entfernt. Dort hatten sich mehr als 2400 Kämpfer befunden. Die ukrainische Regierung hat sich noch nicht zu den russischen Behauptungen geäußert.
Asow-Stahlwerk nach den russischen Angriffen. Weite Teile des Werks sind inzwischen zerstört.
Ukrainisches Militär: Heftige Kämpfe im Osten der Ukraine
Im Osten der Ukraine hat es nach Angaben des Generalstabs des ukrainischen Militärs heftige Kämpfe gegeben. Betroffen seien unter anderem die Gegenden Sjewjerodonezk, Bachmut und Awdijwka, teilte der Generalstab mit.
Das russische Verteidigungsministerium berichtete, die Russen hätten einen Sondereinsatzstützpunkt der Ukraine in der Region Odessa am Schwarzen Meer zerstört. Russland habe ebenfalls ein wichtiges Versteck mit Waffen in der nordukrainischen Region Schytomyr zerstört, die vom Westen geliefert worden seien, sagte Verteidigungsministeriumssprecher Igor Konaschenkow. Die Angaben wurden von der Ukraine nicht bestätigt.
Aktivisten besetzen mutmaßliche Oligarchen-Villa
Aktivisten haben in Österreich eine Seevilla wegen ihrer mutmaßlichen Verbindung zu einem russischen Oligarchen besetzt. Die Gruppierung forderte die Enteignung des Anwesens in Unterburgau am Attersee in der Nähe von Salzburg.
Sie hängten Transparente mit Slogans wie "Anarchos statt Oligarchos" auf ein Baugerüst. Nach Angaben der Aktivisten waren bis zu vierzig Personen an der Aktion beteiligt, laut Polizei waren es nur zehn. Beamte stünden vor Ort mit ihnen in Kontakt, sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur dpa.
Laut österreichischem Grundbuch und einem Register des Finanzministeriums steht die Villa nicht im Eigentum des mit EU-Sanktionen belegten Oligarchen. Sie gehört demnach einer Firma, die wiederum einem Familienmitglied des Oligarchen zugerechnet wird.
Selenskyj: Haben russischer Armee das Rückgrat gebrochen
Ungeachtet der Niederlage in der Hafenstadt Mariupol hat die ukrainische Armee nach Überzeugung von Präsident Wolodymyr Selenskyj Russlands Streitkräften großen Schaden zugefügt. Die Ukraine habe der russischen Armee "das Rückgrat gebrochen", sagte Selenskyj in einem Fernsehinterview. "Sie werden die nächsten Jahre nicht mehr auf die Beine kommen." Kurz zuvor hatten sich die letzten mehr als 2400 ukrainischen Verteidiger der Hafenstadt im Südosten des Landes ergeben und in russische Gefangenschaft begeben.
Kiew werde sich alles zurückholen, betonte Selenskyj. Eine Rückkehr zu den Frontlinien von vor dem 24. Februar - der Tag, an dem Russlands Angriffskrieg begann - werde bereits als Sieg gelten. "Das wird bedeuten, dass sie uns nicht erobert und wir unser Land verteidigt haben", sagte der Staatschef. Der Weg dorthin werde jedoch sehr schwierig. Am Ende stehe dann die Diplomatie.
NATO-Streit: Türkei fordert von Schweden konkrete Schritte
Die Türkei fordert Präsident Recep Tayyip Erdogan zufolge im Streit mit Schweden über eine NATO-Mitgliedschaft von dem nordischen Land konkrete Schritte gegen den Terrorismus. Auch müsse ein Waffenembargo gegen die Türkei nach dem Einfall in Syrien 2019 aufgehoben worden, zitiert die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu Erdogan nach einem Telefonat mit der schwedischen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson.
Finnlands Präsident Sauli Niinisto erklärt seinerseits auf Twitter, er habe "offene und direkte" Gespräche mit Erdogan über den Beitrittsantrag seines Landes geführt. Die Türkei stellt sich bislang gegen eine Mitgliedschaft beider Staaten.
Scholz: Schröder soll weitere Posten aufgeben
Bundeskanzler Olaf Scholz hat Gerhard Schröder aufgefordert, nach dem Aufsichtsratsposten bei Rosneft auch andere Tätigkeiten für russische Unternehmen einzustellen. "Wir nehmen zur Kenntnis, dass es jetzt bei einem passiert und die anderen müssen auch noch folgen", sagte Scholz in Hildesheim am Rande der SPD-Landesdelegiertenkonferenz. Der Bundeskanzler betonte, Schröder stehe mit seiner Haltung allein für sich. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil begrüßte den Schritt von Schröder, dieser komme allerdings zu spät. Es gebe seit drei Monaten Krieg in der Ukraine.
Russland verbietet US-Präsident Biden die Einreise
Russland verhängt ein Einreiseverbot gegen 963 US-Bürger, darunter Präsident Joe Biden, Außenminister Antony Blinken und dem Chef des Geheimdienstes CIA, William Burns. Die Einreisesperren sind zwar symbolischer Natur, aber Teil sich seit der russischen Invasion stetig verschlechternder Beziehungen zwischen Russland und den USA.
Auch gegen Kanadier wurden weitere Einreisesperren erlassen. So stehen aus Kanada nun unter anderem auch die Frau von Premierminister Justin Trudeau, Sophie Trudeau, sowie der Mann der Vize-Regierungschefin Chrystia Freeland, Graham Bowley, auf der so genannten Stop-Liste.
Der Schritt ist eine Reaktion darauf, dass Kanada - wie auch die USA und - im Zuge von Russlands Krieg gegen die Ukraine zwei erwachsene Töchter von Kremlchef Wladimir Putin auf ihre Sanktionsliste gesetzt haben. Ihre Vermögenswerte in Kanada werden eingefroren und sie können künftig dort keine Geschäfte mehr machen.
Russische Grenzregion beklagt Beschuss aus der Ukraine
Die russische Grenzregion Kursk wirft der Ukraine mittlerweile täglichen Beschuss vor. Am Samstag sei das Gebiet Gluschkowo angegriffen worden, schrieb Gouverneur Roman Starowoit im Nachrichtendienst Telegram. Zu möglichen Opfern äußerte er sich zunächst nicht.
Schon in den vergangenen Tagen hatte Starowoit die Ukrainer für Zerstörungen in grenznahen Ortschaften verantwortlich gemacht. Am Donnerstag soll im Dorf Tjotkino ein Mensch gestorben sein. Die Ukraine äußert sich zu den Vorwürfen nicht. Russland, das den Angriffskrieg gegen die Ukraine am 24. Februar selbst begonnen hatte, beklagt seit Wochen immer wieder ukrainische Angriffe auf sein eigenes Staatsgebiet.
Linken-Chefin räumt mangelnde Kritik an Russland ein
Linken-Vorsitzende Janine Wissler hat sich selbstkritisch zum Umgang ihrer Partei mit von Russland in der Vergangenheit geführten Kriegen geäußert. Zu Recht habe die Linkspartei in den vergangenen Jahren alle Kriege der USA scharf kritisiert, sagte Wissler den Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland". Aber die Kritik ihrer Partei an den von Russland geführten Kriegen wie in Syrien oder Tschetschenien sei "zu verhalten und oft kaum hörbar" gewesen, fügte sie hinzu.
Mit Blick auf den geplanten NATO-Beitritt von Finnland und Schweden sagte Wissler, der Angriffskrieg von Russlands Staatschef Wladimir Putin gegen die Ukraine habe die Zustimmung zur NATO erhöht. "Deswegen ist die NATO-Erweiterung trotzdem kein guter Schritt", sagte sie.
Räumt mangelnde Kritik ihrer Partei an Russlands Kriegen ein: Linken-Chefin Janine Wissler.
Biden unterzeichnet weiteres Milliarden-Hilfspaket
US-Präsident Biden hat das Gesetz für eine weitere Unterstützung der Ukraine mit rund 40 Milliarden US-Dollar unterzeichnet. Da sich Biden derzeit in Südkorea aufhält, sei eine Kopie des Gesetzes aus den USA zu ihm geflogen worden, damit er sie unterzeichnen könne, hieß es.
Die Hälfte der 40 Milliarden Dollar ist für Militärhilfe bestimmt. Mit der anderen Hälfte soll unter anderem die ukrainische Wirtschaft unterstützt, Flüchtlingen geholfen und die globale Nahrungsmittelknappheit bekämpft werden.
Selenskyj: Krieg kann nur durch Diplomatie enden
Der Krieg in der Ukraine kann nach Ansicht von Präsident Wolodymyr Selenskyj letztlich nur durch Diplomatie beendet werden. Der Krieg werde "blutig sein, es wird heftige Kämpfe geben, aber endgültig enden wird er nur durch Diplomatie", sagte der Staatschef dem ukrainischen Fernsehsender ICTV. "Es gibt Dinge, die wir nur am Verhandlungstisch erreichen können." Die Ergebnisse der Verhandlungen müssten "gerecht" für die Ukraine sein.
Selenskyj zufolge sollte es ein Dokument über Sicherheitsgarantien für die Ukraine geben, das "von den Freunden und Partnern der Ukraine, ohne Russland" unterzeichnet wird. Parallel solle es "eine bilaterale Diskussion mit Russland" geben.
Russland: Westliche Waffenlieferung zerstört
Russland hat nach eigenen Angaben in der Ukraine eine große Lieferung westlicher Waffen zerstört. Der Angriff soll laut Moskau in der Nähe des Bahnhofs Malin in der Schytomyr-Region westlich von Kiew erfolgt sein. Seegestützte "Kalibr"-Lenkwaffen hätten dabei Waffen aus den USA und Europa zerstört, teilte das russische Verteidigungsministerium mit.
Eine unabhängige Bestätigung dazu gab es zunächst nicht. In sozialen Medien kursieren Aufnahmen, die den Einschlag einer Rakete in Malin zeigen sollen. Was getroffen wurde, ist darauf nicht zu erkennen. Auch ist nicht gesichert, ob die Videos tatsächlich einen Einschlag in Malin zeigen.
Italien legt Vorschlag für Friedensverhandlungen vor
Italien hat nach den Worten seines Außenministers einen Plan für eine Friedenslösung im Ukraine-Krieg entwickelt. "Es braucht jetzt eine diplomatische Gegenoffensive", sagte Luigi Di Maio der Zeitung "La Stampa". Derzeit versuchten nur einzelne Staaten zu vermitteln, kritisierte der Politiker der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung. Nun wolle man alle relevanten internationalen Organisationen dazu bringen, mitzuarbeiten.
Ein erstes Ziel sei, lokale Kampfpausen zu erreichen, danach solle ein Waffenstillstand, die Arbeit an der Neutralität und am Ende ein Friedensabkommen folgen. Der Plan sei von Diplomaten und der italienischen Regierung entwickelt und den Unterhändlern der G7-Staaten vorgelegt worden, sagte Di Maio. Er habe außerdem mit UN-Generalsekretär António Guterres gesprochen. Die UN, EU und OSZE sollten als Hauptarbeitsgruppe andere Länder, wie die Türkei und Indien miteinbeziehen.
Di Maio äußerte sich aber etwas pessimistisch zur aktuellen Verhandlungslage mit Russland: "Ich will nicht wie ein Schwarzmaler wirken, aber ich sehe keine Verhandlung an keinem Tisch", sagte er. "Einzelne Aktionen werden Wladimir Putin nicht dazu überreden, zu verhandeln."
EU-Justizkommissar sichert Strafverfolgung für Kriegsverbrechen zu
EU-Justizkommissar Didier Reynders hat eine strafrechtliche Verfolgung von Kriegsverbrechen in der Ukraine zugesichert. "Ich möchte, dass die Botschaft klar ankommt: Es wird Zeit brauchen, es wird ein langer Prozess, aber die Gräueltaten, die in der Ukraine begangen wurden, werden nicht ungestraft bleiben", sagte Reynders im Interview der italienischen Zeitung "La Stampa".
Die Untersuchungen zu Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und eventuell zu einem Genozid hätten bereits begonnen. Derzeit gäbe es etwa 10.000 Akten und Ermittlungen dazu. Mehr als 600 Verdächtige seien bislang identifiziert worden. Die Ermittlungen laufen am Tatort in der Ukraine, aber auch in verschiedenen europäischen Ländern, wo Beweise und Zeugenaussagen von Geflüchteten gesammelt werden, wie Reynders weiter erklärte.
Elf EU-Staaten ermittelten derzeit zu in der Ukraine begangenen Kriegsverbrechen. Neben Zeugenaussagen lägen eine enorme Menge an Fotos, Videos, Audiodateien und Satellitenaufnahmen vor.
Reportage: Wieder befreit, aber noch nicht friedlich
Während im Donbass die russische Armee langsam, aber stetig vorrückt, kann nahe Charkiw die ukrainische Armee Terrain zurückerobern. ARD-Korrespondentin Andrea Beer war im Dorf Kutusiwka, das nun wieder befreit ist - doch die Menschen haben weiter Angst. Die Kämpfe sind noch nah, einige harren weiter in Kellern aus.
Ukraine befürchtet weiteren Vormarsch Russlands
Die Ukraine befürchtet einen weiteren Vormarsch russischer Truppen, nachdem diese die Hafenstadt Mariupol und das Asowstal-Werk vollständig eingenommen haben. Der ukrainische Militärgouverneur des Gebietes Luhansk, Serhij Hajdaj, meldete massive Gefechte im Donbass. So steht etwa die ostukrainische Stadt Sewerodonezk seit Tagen unter Beschuss, es gibt Tote und Verletzte.
"Die Russen löschen Sewerodonezk wie Mariupol aus. In den Vororten der Stadt laufen Kämpfe", teilte Hajdaj im Nachrichtenkanal Telegram mit. Der Gouverneur beklagte Bombardements aus der Luft in der Region, Russland wolle das Gebiet in Schutt und Asche legen.
Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.
Zugleich wies er Aussagen von Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu, kurz vor der kompletten Einnahme der Region Luhansk zu stehen, als "Unsinn" zurück. Schoigu habe keinen Überblick mehr über die Lage seiner eigenen Streitkräfte.
Barley fordert EU-Ölembargo ohne Ungarn
Die Vize-Präsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley, hat gefordert, das geplante EU-Ölembargo gegen Russland ohne Ungarn zu beschließen. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban wolle die EU "am Nasenring durch die Manege führen", sagte Barley im Deutschlandfunk.
Sie sehe nicht, dass Orban dem neuen EU-Sanktionspaket, welches auch das geplante Ölembargo umfasst, ohne Gegenleistung zustimmen würde. Die SPD-Politikerin warf Orban vor, den Streit um das Ölembargo für seine "politischen Spiele" zu nutzen, um zusätzliches Geld in sein Land zu leiten. Dabei gehe es dem rechtspopulistischen Ministerpräsidenten vor allem darum, Geld in die Kanäle seiner "Familie und Clans" fließen zu lassen. In Ungarn existiere ein "offen korruptes System".
Ungarn hatte im Gegenzug für eine Zustimmung zu dem von der EU-Kommission vorgeschlagenen Ölembargo milliardenschwere Hilfen von der EU gefordert.
Katarina Barley will, dass die EU ohne Ungarn ein Ölembargo gegen Russland beschließt.
London: Russland könnten Aufklärungsdrohnen ausgehen
Russland steht nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums ein Mangel an unbemannten Aufklärungsdrohnen bevor. Wenn die Armee weiterhin so viele Drohnen verliere wie derzeit, würde dies die Aufklärungsfähigkeiten der Streitkräfte weiter schwächen, erklärte das britische Verteidigungsministerium in seinem täglichen Lagebericht. Mit den Drohnen späht die russische Armee Ziele für Luftschläge oder Artillerieangriffe aus.
Verstärkt werde die angenommene Knappheit bei Drohnen dadurch, dass Russland wegen der Sanktionen nicht genügend Geräte nachproduzieren könne.
Russland hat Gaslieferung an Finnland gestoppt
Russland hat seine Gaslieferungen nach Finnland wie angekündigt gestoppt. "Die Erdgaslieferungen nach Finnland im Rahmen des Gasum-Liefervertrags wurden ausgesetzt", teilte der staatliche finnische Energiekonzern Gasum mit. Der russische Energieriese Gazprom hatte den Lieferstopp am Freitag unter Verweis auf den Streit um Rubel-Zahlungen angekündigt.
Gasum erklärte, Gas werde nun aus anderen Quellen über die Balticconnector-Pipeline bezogen, die Finnland und Estland miteinander verbindet und betonte, dass ein russischer Lieferstopp nicht zu Versorgungsproblemen führen werde. Gas spielt im finnischen Energiemix mit einem Anteil von acht Prozent eine eher untergeordnete Rolle.
UN-Bericht: Mehr als sechs Millionen Menschen geflüchtet
Laut der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR sind seit Kriegsbeginn am 24. Februar mehr als 6,4 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine ausgereist. Die meisten Menschen zogen in die Nachbarländer Polen (3,4 Millionen), Rumänien (943.000), Russland (888.000) und Ungarn (627.000), teilte die Organisation der "Welt am Sonntag" mit.
Den Flüchtlingszahlen stehen laut UNHCR aber auch 1,9 Millionen Einreisen aus dem Ausland in die Ukraine gegenüber. Dabei müsse es sich nicht zwangsläufig um dauerhafte Heimkehrer handeln, sondern etwa auch um Personen, die nur kurzzeitig zurückkehrten, etwa für Besuche.
In Polen kommen laut der dortigen Grenzschutzbehörde trotz der Erfolge der ukrainischen Streitkräfte immer noch täglich etwas mehr als 20.000 Menschen aus der Ukraine an. Doch inzwischen übersteige die Zahl der Ausreisen die der Einreisen.
Russland: Stahlwerk von Mariupol eingenommen
Nach Wochen heftiger Kämpfe hat Russlands Armee eigenen Angaben zufolge das Stahlwerk Asowstal in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol komplett unter ihre Kontrolle gebracht. Alle feindlichen Kämpfer hätten sich ergeben, teilte das Verteidigungsministerium in der Nacht zum Samstag in Moskau mit. Die weitläufige Industrieanlage am Asowschen Meer war der letzte Ort in der strategisch wichtigen Hafenstadt im Südosten der Ukraine, der noch nicht vollkommen unter russischer Kontrolle gestanden hatte.
Die ukrainische Seite äußerte sich zunächst nicht zur angeblichen Einnahme des Werks. Nach Angaben aus Moskau kamen seit dem 16. Mai insgesamt 2439 ukrainische Soldaten, die sich in den Bunkeranlagen aus Sowjetzeiten verschanzt hatten, in russische Gefangenschaft. Am Freitag sei die letzte Gruppe von 531 Kämpfern gefangen genommen worden, hieß es. Das Stahlwerk war seit dem 21. April von russischen Truppen belagert worden.
Ex-NATO-Chef: "Wir brauchen deutsche Führung"
Der frühere NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat den zurückhaltenden Kurs der Bundesregierung angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine kritisiert. Deutschland sei "zu zögerlich bei der Lieferung schwerer Waffen und bei der Verhängung von Sanktionen", sagte Rasmussen dem "Handelsblatt". "Natürlich ist Deutschland in hohem Maße von russischen Gasimporten abhängig, doch ich denke, eine klare Haltung der Bundesregierung würde die gesamte Dynamik in der Ukraine verändern. Wir brauchen deutsche Führung."
Der Däne, der von 2001 bis 2009 Ministerpräsident seines Landes und von 2009 bis 2014 Generalsekretär des transatlantischen Militärbündnisses war, forderte die Europäer auf, den Import von Öl und Gas aus Russland sofort zu stoppen. "Sicherlich wird ein Energieembargo einen Preis haben. Aber im Vergleich zu den Kosten eines langwierigen Kriegs wäre dieser Preis gering", argumentierte Rasmussen. Das größte Risiko sei ein Abnutzungskrieg.
Bund intensiviert Zusammenarbeit mit ukrainischem Bildungsministerium
Deutschland verstärkt seine Zusammenarbeit mit dem ukrainischem Bildungsministerium um Flüchtlingskindern so einfach wie möglich einen in ihrer Heimat anerkannten Schulabschluss zu ermöglichen. "Wir wollen den Kindern und Jugendlichen, die zu uns kommen, nicht nur Schutz geben, sondern auch eine Perspektive", sagt Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger der "Augsburger Allgemeinen". "Das ist vor allem für die Schülerinnen und Schüler wichtig, die kurz vor ihrem Abschluss stehen", betont die FDP-Politikerin. "Am besten ist, wenn sie neben dem deutschen Schulunterricht ergänzend auch digitalen Unterricht aus der Ukraine haben."
Draghi in Italien wegen Ukraine-Kurs in der Kritik
Italien liegt bei der Ukraine-Hilfe deutlich hinter anderen Ländern zurück. Doch selbst diese Hilfe ist innerhalb der Regierungskoalition zunehmend umstritten.
Zeitung: London will Republik Moldau Waffen liefern
Großbritannien will einem Medienbericht zufolge der Republik Moldau moderne Waffen liefern, um Russland von einem möglichen Angriff abzuschrecken. Das schreibt die Zeitung "The Telegraph" unter Berufung auf die britische Außenministerin Liz Truss. Die Verteidigungswaffen, die Moldau erhalten sollen, müssten dem NATO-Standard entsprechen.
Moody's drückt Ukraine tiefer in den Ramschbereich
Die US-Ratingagentur Moody's hat die Kreditwürdigkeit der Ukraine angesichts des russischen Angriffskriegs gegen das Land erneut herabgestuft. Das Herabsenken um eine Stufe auf Caa3 versah Moody's mit einem negativen Ausblick - weitere Abstufungen könnten also folgen. Anfang März hatte Moody's die Kreditwürdigkeit der Ukraine bereits um zwei Stufen von B3 auf Caa2 gesenkt. Als Grund für die erneute Herabstufung gab die Ratingagentur "einen länger währenden militärischen Konflikt, als Moody's anfänglich erwartet hatte", an. Dies erhöhe das Risiko einer Restrukturierung der ukrainischen Schulden und von Verlusten für Gläubiger in der Privatwirtschaft. Trotz umfangreicher finanzieller Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft bestehe die Gefahr, dass sich der deutliche Anstieg der ukrainischen Staatsverschuldung "als mittelfristig untragbar" erweise, erklärte Moody's.